Bernhard Becker

Jahrgang 1914, Schwarzburgstrasse 50. Politisch verfolgt. Tod 1937 in Gestapohaft, Frankfurt

Bernhard Becker wuchs zusammen mit seinem Zwillingsbruder Ludwig bei den Grosseltern in der Schwarzburgstrasse 50 auf, später wohnte er dort bis zu seiner Verhaftung in einer Mansarde. Nach dem Volksschulabschluß machten die Brüder eine Ausbildung als Dekorationsmaler und besuchten nach der Gesellenprüfung die Städelschule, Bernhard die Klasse für Stoffdrucke.

Freunde aus seiner Jugendzeit beschrieben ihn als radikal antibürgerlich. Seine religiöse Heimat waren die Jugendgruppen der katholische Pfarrei St. Bernardus in der Koselstraße. 1935 wurde er dort Pfarrjungschar-Führer, eine der drei führenden Stellen in der Jugendarbeit. Trotz des ständig steigenden Abwerbedrucks durch die Hitlerjugend (HJ)gehörten der Pfarrjugend damals noch 140 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren an. Anlässlich einer geplanten neuen Werbeaktion der HJ rief Becker Eltern und Jugendliche auf, ihren Gruppen die Treue zu halten („wir sind deutsche Jugend und wir denken deutsch, auch wenn uns das heute abgesprochen wird“).

Nachdem die Nationalsozialisten ab Februar 1936 in ganz Deutschland zahlreiche führende Persönlichkeiten aus der katholischen Jugendarbeit verhaftet hatten, wurde die Arbeit in den Ortsgemeinden extrem schwierig. Im April 1936 waren noch 46 Jugendliche bei der St. Bernardus-Jungschar verblieben. Becker ermutigte klug und umsichtig die Gruppenführer und die Eltern, fand sich aber auch selbst nur noch schwer zurecht in den Diskussionen, welche Wege nun einzuschlagen wären. Im September 1936 legte er sein Jungscharamt nieder.

Damit fiel auch der bescheidene Schutz weg, den die katholische Kirche noch bieten konnte. Becker sammelte eine Gruppe von 15- bis 16jährigen um sich, hielt Heimabende in der Schwarzburgstrasse und machte Wanderungen, zu einzelnen Aktiven in der Gemeinde hielt er engen Kontakt. 1937 gelang ihm der Abschluss eines Vertrages mit einer Fabrik für kirchliche Textilkunst, für September plante er eine Ausstellung eigener Werke in Frankfurt. Ein Weg in die eigene Zukunft schien sich zu öffnen.

Am 27. November 1937 wurde Becker unter der absurden Anschuldigung, er sei kommunistischer Agent, mit Mitgliedern seiner Gruppe in seinem Mansarden-Atelier verhaftet. Verantwortlich für die Aktion waren die Gestapo-Leute Rudolf Thorn und Oswald Müller, zuständig für katholische Kirchenangelegenheiten bei der Geheimen Staatspolizei in Frankfurt. Die Jugendlichen der Gruppe wurden nach und nach freigelassen, Becker zwar in einem Verfahren freigesprochen, aber von Thorn wieder in Gestapohaft genommen. Am 14. Dezember fand man ihn erhängt in seiner Zelle. Mithäftlinge bestätigten die unmenschlichen Verhörmethoden der Gestapo, die ihn wahrscheinlich in den Selbstmord getrieben haben.

Alois Eckert, damals Pfarrer von St. Bernhard, nach dem Krieg Stadtpfarrer von Frankfurt, selbst verfolgt wegen seines mutigen Auftretens gegen die Diskriminierung von Juden, übernahm Beckers kirchliches Begräbnis am 21. Dezember auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Fast tausend Frankfurter nahmen daran teil.

Beckers Bruder Ludwig, nach dem Krieg lange Jahre Geschäftsführer des „Bundes bildender Künstler“ in Frankfurt, hat ein Aquarell gemalt, das den Begräbniszug seines Bruders zeigt.

Quelle: Sonderdruck aus „Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte“ 49.Jg., 1997, Helmut Mann, Bernhard Becker Katholischer Jugendführer und Opfer des Gestapoterrors.

Zusammenfassung: Bürgerinitiative Nordend