Keine Entwarnung bei den rechtsextremen Wahlergebnissen

Erste Analyse Rüsselsheimer Antifaschisten zum Abschneiden der NPD in Rüsselsheim, Raunheim und Flörsheim bei den Landtagswahlen 2009

Das Schöne zuerst: Mit 0,9% für die NPD und 0,6% für die REPs landesweit, haben beide Parteien
die staatliche Wahlkampf-Förderung, zu der 1% der Stimmen notwendig sind, verfehlt.

Zwar haben die beiden Parteien fast 14.000 Stimmen weniger erhalten, allerdings ist mit einem Gesamtergebnis
von knapp 38.000 rechtsradikalen Stimmen immer noch ein rechtes Potenzial von ca. 1,5% vorhanden.
Mit mehr als 12.000 Stimmen weniger hat es die REPs, besonders erwischt. Keine Staatskohle für ihren
rassistischen Wahlkampf und sogar noch den Rückfall hinter die nazistische NPD, die, allerdings ebenfalls über
1.800 verlorene Stimmen jammern darf und somit vom Niedergang der rechten Konkurrenz nicht profitieren
konnte.

Die NPD-„Hochburgen“ in Rüsselsheim

In Rüsselsheim konnte die NPD vom Niedergang der Reps auch nicht profitieren. Dennoch erhielt die NPD in
Rüsselsheim deutlich (1,3%, ein Plus von 0,4% zum Landesdurchschnitt) an Stimmen. Diese werden in einigen
Stadtteilen und insbesondere in einzeln Wahlbezirken erheblich übertroffen.

Zunächst bleibt noch festzustellen, dass NPD und Reps auf eine Direktkandidatur im Kreis GG verzichtet haben.
Bei der Landtagswahl 2008 stellten beide Parteien Direktkandidaten auf.

Als langjährige NPD-Hochburg kann das Berliner Viertel gelten. In einer Gewobau-Wohnung in der
Tannenstr.45 wohnt der vormalige Ersatz-Direktkandidat der NPD, Thomas Jung. In seinem Wohnumfeld im
Berliner Viertel/Eichgrund konnten nach Verteilaktionen u. a. im Sommer das Wahlergebnis auf 2,5% (2,1%)
und 1,5% (1,3%) verbessert werden. Alleine im Berliner Viertel holt die NPD mehr als 10% ihrer
Gesamtstimmen.

Gleiches ist in Königstädten (allerdings mit einem Minus an Stimmen) und neu in Bauschheim festzustellen. In
Bauschheim haben fünf jüngere NPD-Wahlkämpfer ein Flugblatt mit dem Titel: „Opel zurück in deutsche
Hände! Deutsches Geld für deutsche Aufgaben!" verteilt. Offensichtlich mit Erfolg. Bauschheim mit seinen
Neubaugebieten, Eigentumswohnungen und einem Anteil an Opel-Beschäftigten, scheint ziemlich anfällig für
eine Propaganda dieser Art zu sein. Mit 4,5% erhält hier die Linke ihr schlechtestes Ergebnis.

Auffällig bleiben noch die Ebertsiedlung mit 1,8% (1,3%) und der Dicke Busch I mit ebenfalls 1,8% (1,4%).
Alle diese Wahlergebnisse stehen gegen den landesweiten Trend. Noch interessanter werden die Ergebnisse in
der Nachbetrachtung zum NPD-Aufmarsch am 1.Mai 2007 in Rüsselsheims Stadtteil Ramsee. Schon bei der
Landtagswahl 2008 konnte im Wahlbezirk 8 im Ramsee, dass auffällige Wahlergebnis von 2,2% festgestellt
werden. Man kann also durchaus zu dem Schluß kommen, dass dort, wo man die NPD-Nazis laufen lässt, auch
etwas bei den Wahlen drin ist. Allerdings hat sich das aktuelle Ergebnis im Wahlbezirk 8 und 9 etwas
ausgetauscht und ist nicht mehr derart auffällig. Genauso verhält es sich mit dem am Ramsee angrenzenden
Viertel Lache. Das beschauliche Viertelchen wurde am 1.Mai zwar nur Schauplatz eines monströsen
Polizeieinsatzes mit allem Drum und Dran, dass verhalf der NPD aber unverdient zu 2,5%. Die sind allerdings
am 18.01.2009 wieder flöten gegangen. Dafür sticht die Ebert-Siedlung (auch Schauplatz am 1.Mai 2007)
hervor. Im Stimmbezirk 19 konnte die NPD sich glatt verdoppeln: 2,3% . Gleiches ist im ebenfalls als „bessere"
Wohngegend Kolonie (Einfamilienhäuser) festzustellen. Da gab es im Stimmbezirk 17 2,1% plus 0,9%.
Als miese Wohngegend ist hingegen der Dicke Busch II verrufen, was die NPD allerdings nicht hinderte dort
ihre „Hessen-Stimme" an die Rest-Deutschen in die Briefkästen der Wohnblöcke der
Wohnungsbaugesellschaften, zu stecken. Offensichtlich gezielt hat man die deutschen Namen, im Viertel
beliefert. Mit ganz besonderem Erfolg im Bezirk 30, wo man 2,3% statt zuvor 0,9% einheimste.

Es bleibt also festzustellen, dass die NPD-Propaganda durchaus auf fruchtbaren Boden fällt. In Rüsselsheim
ganz offensichtlich auch gegen den Abwärtstrend. Zudem kann im Zuge der Bankenkrise und dem Geschehen
um Opel/GM notiert werden, dass die Stimmen, die gelegentlich als die gesellschaftlichen Verlierer oder
Proteststimmen oder gar Frustrierte, bezeichnet werden, zum großen Teil von der Linkspartei aufgenommen
werden. So ist der Dicke Busch II, mit satten 10,5%, genauso wie das Berliner Viertel mit 9,2% , bei nur 7,0%
für die Linke im gesamten Rüsselsheimer Stadtgebiet, ein deutlicher Hinweis hierfür.

Dennoch können die überdurchschnittlich guten NPD-Ergebnisse nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese
trotz der NPD internen Finanzkrise, um den inhaftierten NPD-Schatzmeister, und so einigen anderen NPDSkandalen
errungen wurden. So haben sich weder die skandalösen Äußerungen des Ex-NPD-Landeschefs Wöll
gegen Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz, noch der brutale Überfall aus seinem Umfeld, auf ein linkes
Zeltlager in Nordhessen und genauso wenig die Nazi-Reden des Flörsheimers Söder, die sogar bundesweit
Schlagzeilen machten, negativ auf das Wahlergebnis der NPD in Rüsselsheim ausgewirkt.

Das zeigt allerdings, dass die Herausforderungen für antifaschistische Kräfte ziemlich gewaltig sind. Unter den
aktuellen Krisenbedingungen des kapitalistischen Systems und der Forcierung der Kriegspolitik, sowie dem
Abbau demokratischer Rechte, ist eine politische Kraft immer ein potenzieller Nutznieser, nämlich die extreme
politische Rechte und hier besonders die NPD. So ist bisher von einer Gegenstrategie, insbesondere im Berliner
Viertel oder auch in den anderen Rüsselsheimer Stadtteilen wenig, bis überhaupt nichts zu sehen.

Hatten noch nach dem 1.Mai 2007 die Initiatoren des „Bunt-statt-Braun"-Spektrums sich großmäulig für eine
„antifaschistische Kultur" in Rüsselsheim ausgesprochen, konnte man außer einem Zusammengehen in dieser
Frage mit den politisch Verantwortlichen (OB und der leidige Blüm) so gut wie nichts feststellen.

Die Raunheimer Hochburg

Der Raunheimer Uwe Quabeck aus der Weserstr.4 konnte als Direktkandidat bei der Landtagswahl 2008 seiner
faschistischen Partei ein Ergebnis von 1,7% bescheren. Noch besser war sein Ergebnis zur Direktwahl: 1,8%.
Das konnte der Herr Nazi aber am 18.01.2009 locker topen: Mit 2,3% einem satten Plus von 0,6% ist der
Chemiearbeiter, kurz vor der Rente, bestimmt ein heimlicher Star innerhalb der NPD.

Und was geht in Flörsheim, beim „humanen Judenerschießer“ Sascha Söder von der NPD?

0,8% ein Minus von 0,1%! Also stabil und das trotz oder wegen der Nazi-Reden des Mainzer Studenten Sascha
Söder aus Weilbach. Und genau dort, wo er wohnt und bekannt ist, also auch seine Nazi-Äußerungen, halten
im Bezirk 20 1% und im Bezirk 22 mit 1,9% überdurchschnittliche viele Weilbacher Bürger dem NPD-Söder
die Treue. Genauso wie bei der Briefwahl I mit 1,8%.

Sehr interessant sind in Flörsheim und Weilbach (heute eins) die NSDAP-Ergebnisse 1932 und 33. Mit 12,5%
für die Nazipartei bei den Landtagswahlen 1932 in Flörsheim und gleich satten 22,1% in Weilbach waren die
Leute in Weilbach, schon immer deutlich mehr „Nazi", als ihre Nachbarn. Um dann bei der letzten Wahl 1933
gleich mit 32,7% in Weilbach für die NSDAP, den Nazis in Flörsheim, mit „nur 26,1%" zu zeigen, wie eine
richtige Nazi-Wahl aussieht.

Und genauso scheint man noch ein bisschen, im Kaff Weilbach, gedacht zu haben.
Bleibt abschließend nur festzustellen, dass in Flörsheim und hier z.B. beim Open Air-Konzert am Main,
der Nazi Söder u.a. draußen bleiben müssen. Ebenfalls notwendig erscheint dort eine Informationsveranstaltung
z. B. zum Thema Nazistrukturen im Rhein-Main-Gebiet.

Das Gleiche betrifft aber auch Raunheim, wo der NPDler Quabeck, fette Wahlsiege einfährt und erst kürzlich
der Raunheimer Bürgermeister Jühe, den Vorschlag Informationsveranstaltungen zum Neonazi-Thema an der
Gesamtschule zu organisieren, mit der Begründung ablehnte, dass, würde doch auf dem Lehrplan stehen.
Jühe (SPD) hatte bereits am 1.Mai 2007 in Raunheim erklärt, die „NPD kommt nicht nach Raunheim“, um die
Antifa u. a. möglichst schnell aus seinem Raunheimer Stadtzentrum loszuwerden, während die NPD ungestört
in Raunheim marschierte.
Als ungelöst können auch die Rüsselsheimer Zustände betrachtet werden, insbesondere im Berliner Viertel und
anderen Ecken. So werden die NPD-Trupps, sicher bald wieder z.B. zur Europa- und Bundestagswahl in diesem
Jahr auftauchen und ihren Müll unter die Leute bringen.

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