Kommentar zum 1. Mai

von Hans-Christoph Stoodt (Anti-Nazi-Koordination)

Die jetzt mancherorts zu lesende Vermutung, bei dem so kläglich ins Wasser gefallenen Naziaufmarsch in Frankfurt-Fechenheim habe es sich um ein von vornherein so geplantes Manöver Steffen Hupkas und seiner Leute gehandelt, ist mit Sicherheit falsch, auch wenn sie zwischenzeitlich von den arg gebeutelten Braunen selbst so verbreitet wird, um ihre Blamage am 1. Mai zu bemänteln. Man sollte dem nicht auch noch Vorschub leisten.

Tatsache bleibt: am 1. Mai waren ab ca. Mitternacht (!) Polizisten in Fechenheim im Einsatz, die die Nazidemo-Route schützen sollten. Ihre Gesamtzahl belief sich nach unseren Informationen insgesamt auf 23 Hundertschaften, einschließlich einer Spezialeinheit aus Bayern und Verstärkungen aus Nordrhein-Westfalen. Wasserwerfer, Hundestaffeln, berittene Einheiten (mindestens acht Pferde mit jemandem drauf), jede Menge Absperrgitter, Natodraht, diverse Dokumentationstrupps usw. tanden bereit.

Die ersten Platzverweise auf der Demoroute, u.a. für eine über siebzigjährige Sozialdemokratin, deren Angehörige 1933 von der SA malträtiert worden waren, und auch für mich selber setzte es bereits um drei Uhr morgens, also 9 Stunden (!!) vor Beginn des Faschistenauftritts. Dieser Aufwand an einem Tag, an dem das Bundesland Hessen ca. 1000 Polizeibeamte zur Verstärkung nach Berlin und Halle geschickt hat, an dem der Bundeskanzler und DGB-Chef Sommer in bzw. bei Frankfurt auftraten, an dem das jährliche Superspektakel des Radrennens "Rund um den Henninger-Turm" und zum guten Schluss auch noch eine Hausbesetzung stattfanden, ist seitens der Polizei nicht zum Spaß betrieben worden. Nach den Erfahrungen der erfolgreichen Verhinderungen von Faschistenumtrieben in Frankfurt am 1. Mai 2001 und 2002 wollten sie diesmal unbedingt dem "Recht" der Nazis auf von der Stadt genehmigtes Auftreten Geltung verschaffen. Trotz eines nur kurzen Mobilisierungsvorlaufs von nur einer Woche aufgrund der behördlichen, von allen vier Parteien des "Römerbündnis" (SPD, CDU, FDP, GRÜNE) getragenen Geheimhaltungspolitik gegenüber der Frankfurter Öffentlichkeit ist es uns gelungen, mit am Schluss insgesamt etwa 700 Leuten auf der Demoroute der Nazis präsent zu sein. Es war sehr bald bekannt, dass Fechenheim, die autonomen antifaschistischen Gruppen und die Anti-Nazi-Koordination an diesem Tag auf der Matte stehen würden. Das war der Grund der Absage Hupkas und des Ausbleibens der Faschisten. Zur Erinnerung und Verdeutlichung: 2001 kamen sie mit ca. 800 Leuten und konnten nicht marschieren. 2002 hatten sie mit ca. 400 Leuten das gleiche unrühmliche Erlebnis. Dieses Jahr kam Hupka, dessen aus dem Jahre 2001 stammende großmäulige Sammelanmeldung unter dem Titel "Frankfurt am Main ist unsere Stadt" für Maidemonstrationen bis zum Jahre 2005 in der Stadt vorliegt, erst gar nicht, und wir alle demonstrierten am Schluss auf der von ihm angemeldeten Route.

Das sind die Fakten. Sie geben nicht zu Euphorie Anlaß, aber wir sollten uns auch unsere eigenen Erfolge nicht kleinreden (lassen). Das Erfolgsrezept hierfür ist die antifaschistische Aktionseinheit sehr verschiedener Gruppierungen, die wir weiterentwickeln, verbreitern und zu weiterem entschiedenen und aktiven Auftreten nutzen werden - nicht zuletzt auch jetzt, nach dem 1. Mai, wo es nach meiner Ansicht darum gehen muss, den Komplott des Tolerierens und Verschweigens eines von Hupka geplanten Aufmarsches durch die Stadt aufzudecken und zu veröffentlichen. Denn wozu es führen würde, die Nazis zu tolerieren und gewähren zu lassen, das konnte man am vergangenen 1. Mai in Halle sehen. In Frankfurt wird ihnen das nicht gelingen.

Hans Christoph Stoodt
Anti-Nazi-Koordination