P.A.C.K. verträgt sich (Teil 1)

Mai/Juni dieses Jahres wurde der Mitautor des Buches »Die Hunde bellen ... Von A bis ®Z« gefragt, ob er an einer Podiumsdiskussion Anfang Oktober dieses Jahres zu dem Buch »Autonome in Bewegung« von der A.G. Grauwacke teilnehmen wolle. Er sagte zu.
Gut drei Monate später, am 15.9.2003 wurde eine Person aus der Vorbereitungsgruppe (P.A.C.K.) für diese GegenbuchMasse-Veranstaltung damit beauftragt, ihm in einem persönlichen Gespräch den Gruppenbeschluss mitzuteilen, dass er als Podiumsteilnehmer ausgeladen wurde.
In den zurückliegenden zwei Jahre wurde der jetzt Ausgeladene als (Mit-)Autor zu zwei Veranstaltungen im Rahmen der GegenbuchMasse eingeladen – ein Engagement, das von AutorInnen, kleinen linken Verlagen und deren Publikum als öffentliches Forum genutzt und angenommen wurde.
Als Begründung nannte die Beauftragte ein Veto »einer Frau« (1) aus der Vorbereitungsgruppe. Diese Person drohte damit, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen, wenn die ausgesprochene Einladung nicht rückgängig gemacht wird.
Ungefähr zwei Wochen zuvor erfuhr der Eingeladene, dass es »politische Vorbehalte« gegenüber seiner Person und dem Moderator der Veranstaltung gäbe, ein Ex-Mitglied der Antifa G und seit vielen Jahren in autonomen Zusammenhängen aktiv. Beide maßen diesem Gemunkel keine große Bedeutung bei. Schließlich geht es bei dieser Veranstaltung nicht um eine Demonstration von Gemeinsamkeiten, sondern um unterschiedliche Blickwinkel auf die autonome Geschichte.
Die Beauftragte bestätigte, dass ›N.N‹ politische Differenzen geltend gemacht hätte, fügte jedoch gleich hinzu, dass diese nicht ausschlaggebend waren. Es seien vielmehr »persönliche Gründe«. Der Ausgeladene hat mit ›N.N.‹ persönlich nichts zu tun. Auf die Nachfrage, was es mit dem »persönlichen« auf sich habe, wurde ihm gesagt, dass diese »seine Art zu reden und seine Dominanz« störe.
Da der Ausgeladene in keiner der Zusammenhänge ist, in denen sich ›N.N.‹ bewegt, konnte diese ihre Meinung einzig und alleine aus den Vorbereitungstreffen zum 1. Mai 2003 gewonnen haben, an denen auch der Ausgeladene teilnahm.
Tatsächlich waren die politischen Differenzen auf diesen Vorbereitungstreffen unübersehbar. Der Ausgeladene (wie einige andere auch) kritisierte das Festhalten an einem Konzept (das einen von der Stadt Frankfurt geschützten Aufmarsch neonazistischer Gruppen mit der Störung des Henninger Radrennens verknüpfte), das weder von der Mehrheit der eingeladenen Antifa-Gruppen getragen, noch durch eine entsprechende politische Kampagne nach außen vermittelt wurde.
Angesichts der fehlenden politischen Voraussetzungen und der Ablehnung durch eine Mehrheit der anwesenden Antifa-Gruppen wurde das Festhalten an diesem Konzept als politisch nicht akzeptabel kritisiert. Nachdem zu keinem Nachbereitungstreffen eingeladen wurde, beteiligte sich der Ausgeladene an einem zweiseitigen Papier, das mit anderen Beiträgen ins Netz (www.antifa-frankfurt.org) gestellt wurde. Es wurde die Ignoranz benannt, mit der man die Kritik ins Leere laufen ließ und die tatsächlichen Ereignisse am 1. Mai (das Tun bzw. Nicht-Tun zur Umsetzung angekündigter Konzepte) ohne die Möglichkeit einer gemeinsamen Reflexion abhakte.
Die vielen Möglichkeiten, sich zu dieser offen formulierten Kritik zu äußern, wurde kein einziges Mal genutzt – auch nicht von›N.N.‹, die diese Kritik völlig zu recht auch auf sich bezog. Es war nicht das Redeverhalten oder die Dominanz, mit der diese Kritik vorgetragen wurde, die ›N.N.‹ schweigen ließ, sondern das völlig unbedrängte Selbstverständnis, das ›Ding‹ einfach durchzuziehen.
Die Art und Weise, sich jeder öffentlichen Auseinandersetzung und Überprüfbarkeit (eingenommener Positionen) zu entziehen, ist kein Versehen, sondern eine Politik, die sich mit einem Flair von Subversivität jeder Auseinandersetzung entzieht: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich – und wird an einer dunklen Ecke rausgebissen.
Was ›N.N.‹ zu ›persönlichen Gründe‹ erklärt, ist alles andere als ein persönliches Anliegen. Am Umgang miteinander zerbrechen mehr Gruppen und Treffen, als an den unterschiedlichen politischen Einschätzungen. Der Versuch von ›N.N.‹, ihre »persönlichen Gründe« zur Machtfrage zu machen, fällt da nicht raus, sondern bedient sich genau jener autoritären Strukturen, die hinter den Kulissen Fäden ziehen.
In dieser Auseinandersetzung geht es um keine persönliche Geschichte, in die man sich nicht einmischen kann, weil ach so viele Dinge mit hinein spielen, von denen man nichts weiß bzw. wissen darf.
Dieser Umgang ist auch kein Einzelfall: Die Politik der letzten Monate in Frankfurt besteht eigentlich fast nur noch aus Einzelfällen. (›Vorfälle‹ im Exzess, Au, FH etc.). Meist bleibt es beim Spektakel, ohne die Anstrengung zu unternehmen, soziale und politische Kriterien zu formulieren, die über die jeweilige Schuldzuweisung hinausgehen. Letztendlich beschränken sich die Auseinandersetzungen auf Selbstidentifizierungen, die sich über den Nachweis von Schuld der ›anderen‹ herstellen. Offensichtlich reicht am Ende vielen zu wissen, wo wer hin- und dazugehört – und hält dieses Ranking für eine enorm wichtige politische Erkenntnis. Ein politisches Theater, in dem Alpha-Tiere und Königinnen, Schildknappen und Fahnenträger immer wieder die Szene-Ordnung bestimmen und ihre jeweiligen Kohorten hinter sich versammeln.
Diese Politik der persönlichen Verpflichtung zurückzuweisen, ist das eine. Diese zu personalisieren, würde das Terrain der Clans und Reviermarkierungen nicht verlassen. All das funktioniert nur dann und so lange wie sich andere (Gruppen) daran beteiligen - entweder aus Ohnmacht, aus dem Bedürfnis, sich zuzuordnen oder aus Angst, sich in der eigenen Gruppe gegen diese Art der persönlichen Verpflichtung zu stellen.
Dazu zählt auch die Entscheidung der Vorbereitungsgruppe, ›N.N’s.‹ »persönliche Gründe« politisch so geltend zu machen, dass sie damit die Zusammensetzung der Podiumsveranstaltung diktieren kann. Dazu gehört ein Gruppenbeschluss, der die gemachte Behauptung erst gar nicht zu überprüfen versucht, sondern mit der Entscheidung für und gegen eine Person zur Glaubensfrage macht. Es geht auch um die Kritik einer Gruppe, die nicht den Mut hat, ›persönlichen Gründen‹ die Solidarität zu verweigern, die sich absichtsvoll jeder Überprüfung und Nachvollziehbarkeit entziehen.
Es geht auch darum, einen anderen politischen Umgang einzufordern, der sich nicht nur an die ›anderen‹ richtet, sondern zu aller erst in den ›eigenen Reihen‹ ernst genommen wird.

Wir werden am Montag, den 6.10.2003 im Exzess (im Anschluss an das Plenum, ca. 20.30 Uhr) diesen Konflikt in einer öffentlichen Veranstaltung zur Diskussion stellen und erwarten, dass sich ›N.N.‹ und die Gruppe P.A.C.K. dieser Kritik stellen.
Wenn es dabei auch zu einer bisher nicht stattgefundenen Nachbereitung des 1.Mai 2003 kommt, wäre damit das Thema nicht verfehlt.

20.9.2003

(1) Auch wenn der politische Konflikt bewusst personalisiert wurde, werden wir in dieser Stellungnahme den Namen der Person mit ›N.N.‹ umschreiben.

P.A.C.K. schlägt sich.....wohin? (Teil 2)

Nachdem wir auf die Ausladungen eines Podiumsteilnehmers und des Moderators für die Veranstaltung ›Autonome in Bewegung‹ am 12.10.2003 mit einer Stellungnahme (›....P.A.C.K. verträgt sich‹) reagiert haben, verschwand der von uns formulierte politische Konflikt im Dschungel persönlicher Missverständnisse.
Neben allen Fragen umstrittener Erinnerung und Ein- und Zuordnung ging es der Gruppe P.A.C.K. im Kern darum, den Zusammenhang zwischen den Ausladungen und den politischen Kontroversen rund um den 1.Mai 2003 zu bestreiten.
Die jetzt letzte Fassung des Konflikts ist, dass eine Person dieser Gruppe persönliche Bedenken gegenüber einem Eingeladenen geltend gemacht habe. Diese habe nicht gedroht, sondern überlegt, ob sie ggf. nicht an der Veranstaltung teilnehmen werde. Die Gruppe sei darauf hin zu dem Entschluss gekommen, der Einladung eine Ausladung folgen zu lassen. Weder für die Person, noch für die Gruppe habe der Konflikt um den 1.Mai 2003 eine Rolle gespielt.
So klar und einstimmig alle einen politischen Zusammenhang bestreiten, so unerklärlich bleibt die getroffene Entscheidung. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit der P.A.C.K. als Vorbereitungsgruppe zu den GegenBuchMasse-Veranstaltungen des öfteren persönliche Bedenken, ohne dass diese Einfluss auf die Veranstaltungen genommen hätten.
Warum dies bei der besagten Veranstaltung anders gehandhabt wurde, konnte uns niemand erklären. Die außergewöhnlichen Umstände, die dazu geführt haben müssen, von dieser Regel abzuweichen, waren gleichfalls nicht benennbar.
Wir wurden aufgefordert, unsere erste Stellungnahme zurückzuziehen bzw. zu berichtigen. Letzteres wollen wir gerne tun.
Auf den selbstkritischen Gedanken, eine Ausladung zurückzunehmen, deren Zustandekommen sie mit ihrer bisherigen Praxis nicht begründen können, kamen sie nicht.
Wie gesagt, wir wollen aus der ganzen Angelegenheit kein Familiengericht machen und die verschiedenen Aussagen nicht in den Zeugenstand rufen. Wir halten es für unnötig, dem jetzt von P.A.C.K. vorgestellten Entscheidungsprozeß Widersprüchlichkeiten nachzuweisen. Denn am Kern unseres Vorwurfes ändert sich gar nichts: Eine Person, mit welchem Gewicht auch immer, bringt persönliche Gründe vor, die sich die Gruppe ohne jede politische Kontroverse zu eigen macht. Der so getroffene Gruppenbeschluss wird nicht als politische Entscheidung ausgewiesen (und begriffen), sondern zur Personalie verzerrt.
Die Transformation des persönlichen Verdachts in politische Einflussnahme, die nicht mehr öffentlich gemacht wird, also auch nicht mehr diskutier- und bestreitbar ist, ist damit abgeschlossen. Will man diesen Verpuppungsvorgang durchbrechen und der Spur politischer Verantwortlichkeit nachgehen, wird man auf das Feld der Psychologie, der persönlichen Unterstellungen und verletzten Eitelkeiten abgedrängt – paradoxerweise genau dorthin, wohin sie ihre Entscheidung verschoben haben.
Die Systematik dieses Umganges ist bestechend und verwirrend zugleich: Will man den politischen Charakter solcher Entscheidungen festhalten, will man die Hinterzimmer zu solchen Entscheidungen öffnen, wird man mit einem Strauß persönlicher Gründe – manchmal nett, manchmal stur- der Tür verwiesen. Auf diesem Weg macht P.A.C.K. jede politische Diskussion unmöglich.
Wie wenig Konfrontation selbst die persönlichen Gründe aushalten, lässt sich auch daran erkennen, dass das vielfach angebotene Gespräch mit der Gruppe bis heute nicht stattfand.
Gelegentlich traut sich die Gruppe P.A.C.K. doch noch politische Begründungen für ihre Entscheidungen zu – auch wenn selbst diese nicht öffentlich werden.
Ursprünglich war im Rahmen der GegenBuchMasse eine Veranstaltung mit Birgit Schmidt und Gerhard Hanloser geplant. Das von Birgit Schmidt verfasste Buch
›Wenn die Partei das Volk entdeckt – ein kritischer Beitrag zur Volksfrontideologie und ihrer Literatur‹ wurde von der Gruppe P.A.C.K. für wichtig und veranstaltungswürdig befunden. Die Autorin hat auch Texte in dem antideutschen Frontblatt ›Bahamas‹ veröffentlicht. Nachdem P.A.C.K. dies recherchiert hatte, wurde die ganze Veranstaltung mit dem Verweis gestrichen, dass P.A.C.K. antideutschen Positionen kein Forum bieten wolle.
Warum traut sich P.A.C.K. nicht zu, einer möglicherweise anderen aktuellen politischen Einordnung von ›Volksfrontideologien‹ zu widersprechen? Wie wenig trauen sie ihren eigenen politischen Positionen in einer ggf. kontroversen Diskussion?

Die Gruppe PACK hat die Aufforderung zu einer öffentlichen Diskussion am 6.10.2003 zurückgewiesen.
Wir haben bereits versucht deutlich zu machen, dass wir diese Auseinandersetzung nicht privatisieren und personalisieren, d.h. auf die Gruppe P.A.C.K. reduzieren wollen. Durch ihre Absage muss das politische Ziel einer solchen Diskussion anders bestimmt werden – wozu uns die Zeit und die dafür notwendigen Abstimmungen fehlen. Deshalb sagen wir die Diskussion am 6.10.03 ab.
Auch ohne die Teilnahme von P.A.CK. wollen wir die Auseinandersetzung zusammen mit anderen Gruppen und Personen führen.
Für uns ist der hier kritisierte Umgang symptomatisch. Auch bei anderen Gelegenheiten wurden Entscheidungen getroffen und Umgehensweisen gewählt, die sich (fast) jeder politischen Auseinandersetzung und Einflussnahme entzogen.
Dazu planen wir zwei Veranstaltungen:
1. Wir wollen die Vorbereitungen und Aktionen zum 1. Mai 2003 zum Ausgangspunkt nehmen. Wir stellen die Frage: Was macht man, wenn ein ›guter‹ Vorschlag (die Störung des Radrennens) von der Mehrheit der (Antifa-)Gruppen abgelehnt wird? Und was passiert, wenn Entscheidungen (im Plenum) ignoriert und ganz wo anders ›korrigiert‹ werden. Sind Bedingungen zu formulieren und gemeinsam einzuhalten, damit die einen ›das‹ und die anderen etwas ›anderes‹ machen können? Wir thematisieren ein autoritäres Politikverständnis, das sich hinter ›informellen‹ Strukturen versteckt und damit Grundsätze einer militanten Organisierung auf den Kopf stellt. Dem wollen wir ein anderes Politikverständnis entgegenstellen und für Strukturen und Entscheidungsprozesse werben, die für alle Beteiligten beeinflussbar und nachvollziehbar sind.
2. Die Schwierigkeiten, mit antideutschen Positionen innerhalb der radikalen Linken umzugehen, sind bekannt. Die spektakulären Vorfälle (im Exzess und in der Au) haben zumindest kurz für Aufregung und Nachdenklichkeit gesorgt. Die Absetzung besagter Veranstaltung mit verdächtigen antideutschen Positionen reiht sich hier ein. Wir halten diese Entscheidung nicht für konsequent, sondern für schwach. Die Weigerung, Raum für eine öffentliche Auseinandersetzung mit möglicherweise antideutschen Positionen zu schaffen, täuscht eine klar-artikulierte und in vielen gemeinsam geführten Diskussionen gewachsene Gegenposition vor – die es nicht gibt. Was uns fast gänzlich fehlt, ist die Anstrengung, die eigenen politischen Positionen kenntlich zu machen und das Zutrauen, damit in jeder öffentlichen Auseinandersetzung zu überzeugen! Die Frage ist also nicht, ob die ›Antideutschen‹ zur radikalen Linken gehören. Die Frage ist, woran man eine radikale Linke (noch) erkennt. Diesen und anderen sich ergebenden Fragen wollen wir nachgehen. Fragen, die eher auf uns weisen, als auf Ausgrenzungen und die unsägliche Politik des ›Bruches‹.

1. Oktober 2003