Stellungsnahme des Palästinablocks zur "alles muss man selber machen"-Demo am 14. Januar 2009

Der internationale Palästinablock möchte zur Demonstration am 14. Januar 2009 in Frankfurt am Main und dem Verhalten der Demonstrationsleitung und einiger Bündniskräfte Stellung beziehen:

Als Teil der emanzipatorischen sozialen Bewegungen in Frankfurt, die ihren Protest gegen die reaktionäre hessische Politik auf die Straße tragen wollten, sind wir Teil der Diskussion um die Demo „alles muss man selber machen: Sozialen Fortschritt erkämpfen!“ gewesen. Für uns ist klar, dass es keine sozialen Kämpfe geben kann, ohne sich gegen Kriege und international vernetzte Ausbeutungsbedingungen (Kapitalismus!) zu stellen!

Der im Vorbereitungstreffen diskutierte Minimalkonsens ist ausdrücklich nur der vom Bündnis verabschiedete Konsens gewesen. Es ging ausdrücklich und auf Nachfrage unsererseits nicht um den Inhalt des No-Nato-Beitrages.

Da wir diesen Konsens bestenfalls als ein Nichtverhalten zum Krieg gegen die Menschen im Gaza verstehen, haben sich organisierte Kräfte, von denen einige im No-Nato- Aktionsausschuß zusammenarbeiten, in einem Block zusammengefunden, der sich klar gegen den Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza äußern wollte.

Dies haben wir mit einem Transparent deutlich gemacht, auf dem die Parole „Freiheit für Palästina – Hoch die internationale Solidarität!“ stand. Außerdem war auf dem Transparent das Konterfei einer Frau mit Palästinatuch zu sehen. Bevor die Demo losging, gab es den Vorwurf, dass dies das Bild einer Selbstmordattentäterin sei. Die Demoleitung sichtete daraufhin das Transparent und kam zwar nicht zu dieser Einschätzung, formulierte hinterher aber in einer Abhandlung die Behauptung, es handelt sich bei der abgebildeten Frau um eine, wenn auch „schlecht gezeichnete“ Leila Khaled, Mitglied der PFLP. Wir stellen klar, dass beide Behauptungen rassistisch sind: Denn demnach ist jede Frau, die ein Palituch trägt, gleich eine Pälästinenserin = Selbstmordattentäterin = oder mindestens Leila Khaled – für unseren „Kunstkenner“ eine möglicherweise zweischneidige Ikone der antiimperialistischen Linken.1

In unserem Block wurden während der gesamten Demonstration lautstark Parolen gerufen, die für unser Selbstverständnis stehen

Unser Block bildete den Abschluss der Demonstration, der vor uns fahrende
Lautsprecherwagen, von dem keine einzige Parole gerufen wurde, beschallte uns permanent
mit Musik. Wir hatten den Entschluss gefasst, beim No-Nato-Beitrag mit dem Redner zum zentralen Lautsprecherwagen als ganzer Block zu gehen, um unsere Unterstützung und gemeinsame Haltung deutlich zu machen.

Als die Antifa (F) ihren Beitrag zum Standort Deutschland mit den Worten beendete „übrigens, wir haben keinen Bock auf den Palästina-Block“, haben wir beschlossen, uns nunmehr direkt mit unserem Transparent nach vorne zu begeben, um unseren Inhalt nicht aus der Demo rausdrängen zu lassen! Anzumerken ist hier, dass es keine Demoleitung gab, die auf die denunziatorische Äußerung der Antifa (f) reagiert hat. Als wir uns dem zentralen Lautsprecherwagen näherten, wurde vom Lautsprecherwagen die Musik hochgedreht, um unsere Parolen zu übertönen. Auch wurde versucht, zwischen uns und dem Lautsprecherwagen eine räumlich Distanz zu schaffen.

Am Ort der Abschlusskundgebung angekommen, stellten wir uns mit dem Transparent „Freiheit für Palästina – Hoch die internationale Solidarität!“ vor den Lautsprecherwagen, um den Genossen, der für die No-Nato-Kampagne sprach, zu unterstützen. Von Anfang an gab es die Bemühung, uns vom Lautsprecherwagen wegzudrängen. Wir bestanden aber darauf, für die Dauer des Beitrages dort zu stehen. Die Situation eskalierte als von Seiten der Demoleitung dem Redner der Saft abgedreht wurde, nachdem er drei Sätze zum Krieg gegen den Gaza sagte:

Während die ganze Welt, die UNO einen sofortigen Waffenstillstand fordert, hat die Bundeskanzlerin Merkel „die einzig und alleinige Schuld“ der palästinensischen Seite zugeschrieben. Das ist Heuchelei! Der Konflikt in Gaza hat seinen Ursprung in der Besatzungs- und Vertreibungspolitik des israelischen Staates!

Hier ist unserem Genossen das Mikrofon aus der Hand genommen worden. Zuvor ist ihm schon während seiner No-Nato-Rede permanent mit proisraelischen Sprüchen ins Wort gefallen worden. Dies geschah auf der Bühne des Lautsprecherwagens! Selbst als er betonte, dass er nur noch den Aufruf zur No-Nato-Mobilisierung in Straßburg und einen Friedensappell durchsagen wollte, wurde ihm das Mikro nicht mehr gereicht. Unten direkt am Lautsprecherwagen, wurde der Palästina-Block von der Antifa (f) und anderen sogenannten Anifa Gruppen umringt. Nachdem unser Genosse sich vom Lautsprecherwagen zu uns bewegen wollte, wurde er angepöbelt und angerempelt.

Die Provokationen und Angriffe auf die Leute am Banner verstärkten sich nach dem Abwürgen des NO-NATO-Beitrags. Die zensorische Maßnahme der Demoleitung trug also zur Eskalation bei und nicht umgekehrt!

Am 19. Tag des Krieges wollten wir im Beitrag folgende Forderungen äußern: Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand, den sofortigen und bedingungslosen Rückzug der israelischen Armee aus dem Gaza und die Aufhebung der Blockade von wirtschaftlichen und humanitären Gütern seitens Israel.

Wir halten fest: wir haben uns nicht gegen den Krieg im Gaza geäußert, um zu provozieren – sondern ausschließlich, weil wir es als Linke für selbstverständlich halten, den Menschen im Gaza beizustehen und Position gegen das Massaker des israelischen Militärs im Gaza zu beziehen!

Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit den linken emanzipatorischen israelischen und palästinensischen Kräften, die für einen gerechten Frieden kämpfen!

Wir haben den Charakter unserer Intention inklusive unseres Redebeitrages und Auftretens noch mal genauer dargestellt, um deutlich zu machen, dass es uns nicht darum ging, irgendjemand zu instrumentalisieren oder zu provozieren. Wir haben es nicht nötig, uns zu rechtfertigen, denn es entspricht unserer politischen moralischen Vorstellung, dass wir uns in der Situation einer aggressiven Kriegshandlung nicht in den Schein- und Nebenwidersprüchen verirren, sondern klar Position gegen den Hauptaggressor beziehen– und dies ist im konkreten Fall eindeutig Israel! Humanismus ist nicht teilbar, er kann nicht in unterschiedliche Kategorien heruntergebrochen werden – oder er verkommt seinerseits zu dem, was er zu bekämpfen vorgibt, zu Rassismus.
Das Verhaltung der Demoleitung macht uns fassungslos! Es entlarvt ihren Minimalkonsens, den sie im Vorfeld „bemüht“ haben, als das was er ist: eine Lüge! Wer die Position gegen den Krieg des israelischen Staates im Gaza nicht zulässt, stimmt diesem zu!

Freiheit für Palästina!
Hoch die internationale Solidarität!

 

Anmerkung von antifa-frankfurt.org:

1 Die unterschiedliche Interpretation des Palästina-Transparentes zeigt, wie weit sich die verschiedenen Bildsprachen in der Linken auseinanderentwickelt haben. Der Demoleitung deshalb Rasismus vorzuwerfen, ist nach Meinung der Redaktion ein ungerechtfertigter Diffamierungsversuch. zurück zum Text

Bericht von der gesamten Demo

Stellungnahme eines Genossen aus der Demoleitung zur Mißachtung des Demokompromisses durch den Redner von Die Linke.SDS
Stellungnahme der autonomen antifa [f]

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