Erika Steinbach, eine Polizeiaktion und der Datenschutz

Der Grund:
Aufkleber, mit denen die Antifa Frankfurt zu einer Demonstration am 9. November 2003 mobilisierte, enthielten eine ältere Abbildung des Titelbildes der polnischen Wochenzeitung WPROST. Dieses zeigt die Frankfurter CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, in einer SS-Uniform mit Hakenkreuzbinde auf Gerhard Schröder sitzend. In dem zu dieser Fotomontage gehörigen Artikel der Wochenzeitung sollte auf die Rolle Steinbachs in der Diskussion um ein vom BdV und anderen rechten Organisationen gefordertes "Zentrum gegen Vertreibungen" in Berlin hingewiesen werden.

Die Verwendung dieser Abbildung, genauer: das Hakenkreuz darauf, soll nun der Grund fr die Polizeiaktion gegen das antifaschistische Zentrum "Cafè Exzess" sein. Der offenbar schon lange vorliegende und erst am 20. Januar vollstreckte Durchsuchungsbeschluss wurde jedenfalls durch einen Polizeisprecher mit dem Hinweis auf die Hakenkreuzbinde des zitierten Bildes "begründet", mit der "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" also. Dies, obwohl auch in verschiedenen Tageszeitungen dasselbe Bild veröffentlicht worden ist. Es ist nichts davon bekannt geworden, da auch deren PCs beschlagnahmt wurden.

Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 22. Januar lag der eigentliche Grund aber anders: "Die Frage, ob es sich bei dem Satirebild um eine erlaubte Ver?ffentlichung handele, msse die Staatsanwaltschaft jetzt prüfen. Ermittelt werden soll au erdem, welche Art von Daten auf dem Computer sind."

Ob es also für die martialische Aktion der Polizei überhaupt einen hinreichenden Grund gab - das muß erst im Nachhinein geklärt werden. Hier handelt also die Polizei buchstäblich nach dem Motto "Grund findet sich später". Einstweilen werden aber schon einmal alle PCs "einige Wochen lang", so die FR, gründlich gefilzt. Und das alles mit der Begründung, ausgerechnet die Antifa habe für ihre Ziele mit dem Hakenkreuz geworben!

Abgesehen von der skandalösen datenschutzrechtlichen Seite dieses Vorgangs wirft die aktuelle Situation um Erika Steinbach ein bezeichnendes Licht auf ihn.
Wie aus dem vor kurzem veröffentlichten Offenen Brief polnischer Intellektueller zur Solidarität mit der Journalistin Gabriele Lesser hervorgeht, will Steinbach offenbar mit allen Mitteln nicht nur die oben geschilderte sondern jegliche aus nachvollziehbaren Gründen geführte polnische Kritik an dem von ihrer Organisation geforderten "Zentrum gegen Vertreibungen" kriminalisieren. Unter anderem Wladyslaw Bartoszewski, Marek Edelman, Bronislaw Geremek; Tadeusz Mazowiecki und Janusz Reiter fordern: "Wenn also Erika Steinbach darauf besteht, Gabriele Lesser vor Gericht zu bringen, soll sie den Mut haben, auch uns zu verklagen. Denn auch wir stehen den BdV-Aktivitäten, die die deutsch-polnischen Beziehungen in zunehmendem beschädigen, sehr kritisch gegenüber."
In diesem Kontext macht sich das Hessische Innenministerium und die Polizei durch ihr Vorgehen zum politischen Handlanger in einem aktuellen innen- und zunehmend auch au enpolitischen Konflikt, in dessen Zentrum die revanchistische Politik des BdV und seine Vorsitzende Erika Steinbach steht.

Wir bezweifeln nicht, da die Frankfurter Polizei unter dem Vorwand des oben geschilderten Antifa-Aufklebers dankbar gewesen sein muß, bei dieser Gelegenheit ihren Datenbestand über die Vorgänge im Cafè Exzess upzudaten - umso weniger, als die Sitzung der Anti-Nazi-Koordination am vergangenen Donnerstag durch einen Beobachter der Politischen Polizei vor der Kirchentür observiert worden sein soll. Der Kollege hätte übrigens ruhig herein kommen können. Es war ein doch recht kühler Abend, und die Kirche steht erst einmal grundä?tzlich allen offen ...