Zeugenaussagen zu Übergriffen der Polizei

Dutzende von Zeugenaussagen belegen die zahllosen Übergriffe an diesem Abend. Es kommt zu über 80 Festnahmen, einigen Schwer- und vielen Leichtverletzten - Konzept ist die Zerschlagung jeglicher Ansammlungen. Viele kleinere Gruppen am Hauptbahnhof, eine Fahrraddemo in der Innenstadt und eine Gruppe von ca. 100 Leuten an der Hauptwache werden brutalst aufgerieben. Verletzte werden liegengelassen, Krankenwagen teilweise beim Anrücken von den Bullen behindert, ... . Abschreckung ist die Devise. Es gibt zahllose Beispiele von diesem Terror. Auf dies alles detailliert einzugehen, wäre zuviel zu dokumentieren, ausserdem hat die Bunte Hilfe hierzu schon eine Dokumentation herausgegeben, deshalb hier nur einige exemplarische Zeugenaussagen.

1.10.85 20.45Uhr Poststraße/ Hauptbahnhof

Ich stand mit einigen anderen in der Poststraße; etwa 15 von uns kamen aus der Ottostraße. Plötzlich kamen ca. 30 Polizisten im Laufschritt um die Ecke (aus der Ottostraße) hinter den Leuten her. Sie lachten und johlten und riefen: "Auf geht 's!"

Wild um sich prügelnd rannten sie Richtung Hauptbahnhof; dabei prügelten sie auch auf am Boden liegende Menschen ein. Alles was dort war und sich bewegte war Angriffspunkt der Bullen. Ungeähr fünf Leute waren recht schwer verletzt; sie lagen am Boden, kr ü mmten sich vor Schmerzen. Einige waren leicht verletzt (Prellungen).

Es dauerte ziemlich lange, bis ein Polizist Krankenwagen anforderte; zum Glück war ein Helfer vom ASB zur Stelle, der sich um die Verletzten kümmerte. Die Polizei (etwa 50) sperrte die Poststra ß e ab; sie stellte einen VW-Bus quer ü ber die Fahrbahn, so da ß die Kran­ kenwagen erst nicht zu den Verletzten durchkamen. Die Polizisten standen rum und lachten ü ber die Verletzten... Nachdem die Krankenwagen endlich durchkamen und die Verletzten abtransportiert werden konnten, lösten sich die Polizeisperren auf.

Nachsatz: Nur ein Polizist versuchte einem Leichtverletzten zu helfen.

1.10.85 21.45Uhr Hauptbahnhof/ Taxistand

Ich wollte den Bahnhofsvorplatz von der Düsseldorfer Straße kommend überqueren. Hier standen in mehreren Reihen Bahnhofspolizisten mit Hunden, ohne Hunde und Bereitschaftspolizisten. Dazwischen befanden sich keine Demonstranten, nur Pressefotografen liefen dazwischen herum. Plötzlich ertönte vom Taxistand Geschrei. Ich lief hin und sah, daß ein großer, kräftiger Mann auf dem Boden lag. Eine andere Person (kein Polizist) versuchte ihn festzuhalten und zu beruhigen. Die beiden waren eingekreist von Bahnpolizisten, van denen ein­ zelne mehrmals auf die verletzte Person zusprangen, sie traten oder mit dem Kn ü ppel auf den Kopf schlugen. Obwohl offensichtlich war, da ß der inzwischen blut überströmte Mann nicht mehr bei Sinnen war, erhielt er, wenn er sich aufbäumte, neue Schläge auf den Kopf. Es sah aus, als wollten sie ihn umbringen.

betr.: Zeugenaussage/ Gedächtnisprotokoll zu den Ereignissen vom 1.10.85, 22.30Uhr, Ecke Eschenheimer Landstraße/ Grüneburgweg bis Einmündung Finkenhofweg.

Salut!

Zu den Vorfällen am gestrigen Dienstag möchte ich zu den o.g. Ereignissen meine Beobachtungen widergeben, und zwar so, wie ich sie als Passant wahrgenommen habe: Ich befand mich auf dem R ü ckweg von einer Gaststätte zu meiner Wohnung . . . Als ich die Einmündung des Finkenhofweges auf die Eschersheimer Landstraße erreichte war es ziemlich genau 22.30Uhr (. . . ) In diesem Moment sah ich eine Gruppe Fahradfahrer, etwa dreißig Personen, von dem Grüneburgweg in die Eschersheimer Landstraße, Richtung Innenstadt, einbiegen. Alle hatten ihr Licht eingeschaltet, klingelten (wie dies auf den vergangenen Fahraddemonstrationen ü blich war) und fuhren verkehrsrechtlich ordnungsgemäß auf den rechten Fahrspuren der Eschersheimer Landstraße. Dies alles erweckte einen eher friedlichen Eindruck. Ich habe keinen einzigen Tatbestand feststellen können, der zu den nun folgenden Geschehnissen hätte Anlaß bieten können. Im krassen Gegensatz zu diesem friedlichen Bild stand das Verhalten aller Polizeiwagen und -kr ä fte, die diesen Zug "begleitete".

Diese polizeiliche "Begleitung" der Gruppe an Fahrradfahrern steigerte sich in Aggressivität und Bedohlichkeit. Schon am Ausgang des Grüneburgweges waren einige Polizeifahrzeuge dicht an der Radlergruppe vorbeigejagt und fuhren mit (für den Stadtverkehr ) überhöhter Geschwindigkeit in die Eschersheimer Ldstr. stadtauswärts und in die Fichardstraße. Andere fuhren mit solcher Bedrohlichkeit in die Eschersheimer Ldstr. stadteinwärts, daß sie einen Teil der Fahradgruppe auf die äußerste rechte Spur drängten. Dabei nahm vorallem ein Fahrzeug der Polizei (Einsatzwagen, PKW) offentsichtlich Ziel auf die vorderste Reihe der Fahradfahrer. Dabei bedrängten sie vor allem zwei Radfahrer derart lebensgefährlich, daß für mich als Passant der Eindruck entstand, da ß sie diese Radfahrer absichtlich überfahren wollten. In ihrer panischen Angst sprangen bzw. stürzten diese zwei Radler von ihren Rädern. Die Fahrräder kamen, eins auf der rechten Fahrspur, eins auf der Gegenspur zum liegen. Das sie bedrohende Polizeifahrzeug hatte ganz dicht vor ihren R ä dern scharf abgebremst- nun ent­ sprangen diesem, ebenso wie aus dem folgendem Mannschaftsfahrzeug, mehrere (mindestens sechs) behelmte Beamte und liefen, ihre Schlagstöcke drohend ü ber dem Kopf gehoben, hinter den vom Rad gestürzten hinterher. Angesichts dieser verbissenen, knüppelschwingen den Polizisten nahmen die zwei
vom Rad-gestürzten, gerade erst der Todesangst vor einen beinahe ü berfahren durch die augenscheinlich zu allem bereiten Polizisten, reissaus; und wurden nun in die Finkenhofstraße getrieben.

Dies alles beobachtete ich vom B ü rgersteig Ecke Finkenhofweg/ Eschersheimer Ldstr. aus. Der Verkehr auf den zwei Spuren stadtauswärts war mittlerweile durch das auf diese Fahrbahnen durch den Sturz geschleuderte Fahrrad zum Erliegen gekommen. Als ich das Fahrrad auf das Trottoir zu schieben versuchte, wurde ich umgehend von zu erst einem, wenige Sekunden später von zwei weiteren Polizisten tätlich angegriffen. Trotz meiner Beteuerungen, völlig unbeteiligt zu sein, wurden mir die Arme auf den Rücken gedreht. Unter sichtbarer und verbaler Androhung von Prügel und wiederholten Reissen an den Haaren, schleppten mich die drei zum Mannschaftswagen. Dort sollte ich "mitgenommen" werden. Inzwischen waren fast alle Teilnehmer des Fahrrad-Convoys -z.T. unter brutaler Androhung von Gewalt - festgenommen und in die Mannschaftswagen verfrachtet worden ....

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