Kommentar der Antifaschistischen Basisgruppe zur AfD-Landesdelegiertenkonferenz, die an diesem Wochenende im Saalbau Stadthalle Zeilsheim stattfinden soll.
An diesem Wochenende will die hessische AfD in der Stadthalle Zeilsheim ihre Landesdelegiertenkonferenz abhalten. Ausgerechnet am zweiten Jahrestag des antisemitischen Anschlags von Halle will die Partei, die als politischer Arm des Rechtsterrorismus gelten muss, im Frankfurter Westen tagen.
Die fortschreitende Radikalisierung der Partei macht dabei auch vor dem hessischen Landesverband nicht halt: Galt dieser einst noch als vergleichsweise gemäßigt, so zeigten spätestens die Kommunalwahlen im März dieses Jahres, wie offen die AfD inzwischen Schulterschlüsse ins neonazistische Lager eingeht: So stellte die AfD unter anderem den Kasseler Neonazi Christian Wenzel, ehemals Anführer der Kameradschaft Kassel, den verurteilten Volksverhetzer und Reichsbürger-Fan Carsten Härle aus Heusenstamm, den nationalrevolutionären Publizisten Werner Olles aus Frankfurt oder den Rechtsrock-Konzertgänger Sascha Herr aus dem Hochtaunuskreis auf. Weitere Kontakte der hessischen AfD in den organisierten Neonazismus liegen auf der Hand, etwa in Gestalt des „Neurechten“ Andreas Lichert oder von Jan Nolte, der einen Kumpel des Rechtsterroristen Franco Albrecht als Mitarbeiter beschäftigte. Auch dass der Mörder von Walter Lübcke der AfD beim Plakatieren zur Hand ging und dass der Brandstifter, der in Frankfurt, Hanau und Schwalbach mehrere linke Projekte angriff, an die Partei spendete, ist kein Zufall: Ganz offensichtlich sehen unterschiedlichste rechte Spektren, von Kameradschaftsnazis über Reichsbürger bis hin zu militanten Corona-Leugner*innen, die AfD als ihre natürliche politische Heimat an.
So offensichtlich die Gefahr ist, die von der fortschreitenden Faschisierung der AfD ausgeht, so hilflos wirken die Versuche der bürgerlichen Politik, dem etwas entgegenzusetzen. So kann die AfD – wie an diesem Wochenende – noch immer in Veranstaltungsräumen der städtischen Saalbau-Gesellschaft problemlos tagen, ohne mit Gegenwind aus der städtischen Politik rechnen zu müssen. Es ist ein Erfolg selbstbestimmter antifaschistischer Politik, dass die AfD in Frankfurt keine Räumlichkeiten jenseits dessen bekommt. Doch auch die Vergabepolitik der Saalbau-Räume muss immer wieder kritisiert werden – gerade an diesem Datum, gerade an diesem Ort.
Schließlich handelt es sich beim Umfeld der Stadthalle Zeilsheim um einen historischen Ort: Gleich neben der Stadthalle Zeilsheim liegt der Bechtenwaldpark, während der NS-Herrschaft Ort eines Barackenlagers, in dem ausländische und verschleppte Menschen leben mussten, die in den Farbwerken Hoechst zur Arbeit gezwungen wurden. Die Farbwerke Hoechst gehörten zu dieser Zeit zur I.G. Farben, die unter anderem Zyklon B für die Vernichtungslager lieferten. Nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Sieg der Alliierten wurde das Barackenlager zum Lager für sogenannte Displaced Persons (Dps) – also jenen, oft jüdischen, Menschen, die den Vernichtungsantisemitismus der Nazis versteckt, im Untergrund oder in Partisan*innengruppen überlebt hatten, oder vor antisemitischen Pogromen aus Osteuropa nach Westen flohen. Mitten im Land der Täter bildete sich in den Lagern eine demokratisch verfasste, unabhängige jüdische Gesellschaft. Auch in Zeilsheim entstand eine facettenreiche autonome jüdische Enklave, in der sich trotz der widrigen Umstände, schlechten Versorgungslage und Überbelegung bis Ende 1948 bis zu 5.000 Jüd*innen selbst organisierten. An das DP-Lager Zeilsheim erinnert heute nur eine schlichte Gedenkstele. Dass am kommenden Wochenende mit der AfD jene Partei in unmittelbarer Nachbarschaft tagen darf, aus deren Reihen antisemitische Ressentiments propagiert werden und die den offenen Schulterschluss mit Neonazis und antisemitischen Verschwörungsideolog*innen sucht, ist unerträglich.
Die AfD ist der parlamentarische Arm des rechten Terrors. Die AfD hat mitgeschossen!