Die Verein LAGG veranstaltete am Samstag den 19.3.2022 eine groß angelegte Gedenkaktion an 1616 Häftlinge, die im Konzentrationslager mit dem Decknamen „Katzbach“ im Frankfurter Stadtteil Gallusviertel Zwangsarbeit leisten mussten. Bereits seit dem letzten Jahr gab es einen Aufruf sich an der Aktion zu beteiligen. „It means a great deal to me that all prisoners are recognised and importantly remembered on this day,“ schrieb Zygmunt Swistak, vermutlich der letzte Überlebende des KZs, nachdem er von der Gedenkaktion erfahren hatte.
Jede Person erhielt im Vorhinein Informationen über einen Häftling, wie Name, Geburtsort, Beruf und Todesdatum. Am 77. Jahrestag des Todesmarschs der Häftlinge des Konzentrationslagers Katzbach in den Frankfurter Adlerwerken, wurde mit einer 2,5km langen Menschenkette jedem der 1616 Lagerhäftlinge mit einem Schild seines Namens gedacht. An der Aktion beteiligten sich über 1600 Menschen. Leider interessierten sich jedoch nicht sonderlich viele Flanierende an der Mainpromenade für die Schilder, einige wenige erkundigten sich um was für eine Aktion es sich handelt. Auch nahmen überwiegend ältere Personen und sehr wenige aus dem linksradikalen Spektrum an der Veranstaltung teil. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht mit fehlendem Interesse an der Geschichte über das KZ Katzbach mitten in Frankfurt und das Schicksal der Inhaftierten zusammen hängt. Erinnern heißt Gedenken sollte keine Floskel sein. Besucht die Erinnerungs- und Bildungsstätte, informiert euch und sprecht mit eurem Umfeld darüber.
KZ Katzbach und der Todesmarsch
Im KZ Katzbach waren von August 1944 bis März 1945 insgesamt 1616 Häftlinge in der Kriegsproduktion eingesetzt. Das KZ war eines der tödlichsten Außenlager im KZ-System der Nationalsozialisten. Etwa ein Drittel der Häftlinge starb während ihrer Zeit im Lager. Weitere kamen bei einem Todesmarsch nach der Räumung ums Leben. Der Todesmarsch begann am Abend des 24. März 1945 und führte etwa 360 bis 370 Häftlinge am nördlichen Mainufer entlang nach Fechenheim und über Hanau, Gelnhausen, Schlüchtern und Fulda nach Hünfeld. Am 24. März befahl der NSDAP-Gauleiter Sprenger die „Evakuierung“ des mitten in der Stadt gelegenen KZs. SS-Leute trieben 350 Häftlinge quer durch Frankfurt über Hanau, Schlüchtern und Fulda bis nach Hünfeld, von wo sie in Güterwagons gepfercht ins KZ Buchenwald transportiert wurden. Diesen 120 Kilometer langen Todesmarsch überlebten vermutlich nur 280 von ihnen. Von Buchenwald schickte sie die SS ins KZ Dachau, wo wohl nur 40 Gefangene lebend ankamen. Wenige Tage vorher waren über 500 marschunfähige Häftlinge – Kranke und viele Sterbende – zu je 60 Mann in einen Güterwaggon gepfercht und die Waggons plombiert worden. Drei Tage und Nächte stand der Zug auf den Fabrikgleisen, bevor er am 16. März 1945 das Werksgelände verließ. Keine Verpflegung, kein Wasser, keine Hilfe für die Verletzten – erst sieben Tage, nachdem der Zug verplombt worden war, am 23. März 1945, erreichte der Transport das KZ Bergen-Belsen. „In jedem Waggon lagen Berge von Leichen; nur die Mitte war frei, wenn man den Kot nicht rechnet”, erinnert sich Jozef Marcinkowski, ein ehemaliger Häftling, an die Ankunft des Transports im KZ Bergen Belsen.
In der Kleyerstraße 19 im Gallus befindet sich eine Gedenktafel für die Gefangenen des KZ’s. Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof gibt es eine KZ-Häftlingsgrabstelle.
Am 25. März 2022 wird nach über 30 Jahren die schon lange geforderte Erinnerungs- und Bildungsstätte zum KZ Katzbach und der Zwangsarbeit in Frankfurt eröffnet. Mehr Infos findet ihr auf der Webseite des Geschichtsortes. Seit seiner Gründung 1992 setzt sich der Verein LAGG dafür ein, das Konzentrationslager „Katzbach“ in den Adlerwerken nach jahrzehntelanger Leugnung und Verharmlosung zu einem festen Bestandteil der Erinnerungskultur Frankfurts zu machen.