Im zweiten Teil unserer Artikelserie „Geschäfte mit der Angst“ geht es um jene Angstmacher, die sich bewusst in Graubereichen bewegen. Ihr Kunstgriff: Sie setzen den kleinen Wahrheitsgehalt ihrer Erzählungen so geschickt ein, dass die großen Übertreibungen und Verzerrungen nicht mehr leicht zu erkennen sind. Dabei sind ihre Techniken und Methoden kaum von denen der Verschwörungserzählungen zu unterscheiden. Unser Beispiel: Der Vitamin verkaufende Professor aus dem Rhein-Main-Gebiet.
Das Sonnenvitamin
Manchmal führt das Geschäft mit der Angst direkt ins Reich der absurden Geschichten. Manchmal aber auch in den Nebel. Nämlich dann, wenn Geschäftemacher das Körnchen Wahrheit in ihren Geschichten ausnutzen, um ihren angstschürenden Verzerrungen ein Seriositätsmäntelchen umzuhängen. Was Vitamin D mit den Corona-Rechten in Frankfurt zu tun hat.
Der Techno-DJ Peter Rubach aus dem Frankfurter Gallusviertel wirft sich ins Zeug. Anlässlich einer Demonstration gegen die Coronaauflagen im November 2021 hat er sich mit seinem DJ-Pult im Rothschildpark aufgebaut. Rund 2.500 Demonstrierende sind gekommen, Rubach unterhält sie mit lockerer Musik und streut Pandemie-verharmlosende Beiträge ein. Auf seinem DJ-Pult präsentiert er neben einer schwarzen Darth-Vader-Büste einige Vitaminpräparate.
Früher war Rubach mal im Protest gegen die Flughafenerweiterung und bei Occupy aktiv. Heute ist er bei den „Corona-Rebellen“. Er erzählt, es gebe da einen Wissenschaftler in Wiesbaden, ein besonders toller Mann, den wolle er empfehlen. Der habe festgestellt, dass Vitamin-D-Mangel, „den wir alle haben“, zuständig sei für „alle schlimmen Krankheiten“: Krebs, Autoimmun- und Darmerkrankungen und Diabetes. Was der sage, könne jeder verstehen, der spreche nicht nur Latein wie die Schulmedizin. Es sei erwiesen, so Raubach über den Lautsprecher, dass man über die Haut nicht genug Sonnenvitamin D3 produziere: „Wir müssen es supplementieren, da kann man auch Wissenschaftler anhören.“
Der Wissenschaftler, auf den sich Rubach insbesondere bezieht, ist Professor Dr. Jörg Spitz. Bis zum Jahr 2004 war Spitz unter anderem Chefarzt des Instituts für Nuklearmedizin am Städtischen Klinikum in Wiesbaden. Er ist Mitglied in vielen medizinischen Fachgesellschaften. 2009 gründete er dann die Stiftung für Gesundheitsinformation und Prävention (DSGiP) mit Sitz in Schlangenbad bei Wiesbaden. Seitdem macht er – unter anderem – in Vitaminen.
„Wenn der Körper alle Substanzen zur Verfügung hat, ist er der Selbstheilung mächtig“, erklärt Rubach weiter, was er von Spitz mitgenommen hat. Die Menschen würden hauptsächlich wegen eines Mangels an Vitaminen und Kupfer an Covid 19 erkranken.
„Wenn es um Leben und Tod geht“
Spitz selbst formuliert es – abhängig vom Medium – manchmal auch vorsichtiger: Ein ausgeglichener Vitamin-D-Spiegel sei eine Hilfsmöglichkeit, um schweren Verläufen einer COVID-19-Erkrankung vorzubeugen, schreibt er etwa in einer Presseerklärung.i Ein absoluter Schutz sei darüber nicht zu erreichen. Er empfehle Masken und Abstände.
Dass Spitz eine Fangemeinde und aktive Multiplikatoren in den Reihen der Corona-Rechten hat, hat aber Gründe. An anderen Stellen zielt seine Message sehr viel genauer. So sagt er etwa: „Vitamin D – immer wenn es um Leben und Tod geht – auch bei Covid 19“.ii Es geht also um alles, vermittelt er. Zwar falle niemand tot um, der zu wenige Vitamin D habe. „Aber auf Dauer wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit krank. Und diese Wahrscheinlichkeit ist ungefähr doppelt bis dreimal so hoch“, so Spitz.iii Wer will schon krank werden und auch noch selbst daran schuld sein?
Es ist nicht unangenehm, der Argumentation des bodenständig wirkenden älteren Herren zu folgen. Entspannt und mit leichtem Witz führt er seine Zuhörer durch den Vortrag – hinein in eine scheinbar zwingende Logik, die sich aus Halbwahrheiten, Nichtgesagtem und Übertreibungen speist. In einem Video, das über 700.000-mal aufgerufen wurdeiv, will Spitz zum Beispiel die Abhängigkeit akuter Atemwegswegerkrankungen von den jahreszeitlichen Schwankungen des Vitamin-D-Spiegels der Bevölkerung demonstrieren, indem er Parallelen in den Verläufen der beiden Datenreihen darstellt. Das ist allerdings als Beweis einer Ursache-Wirkung-Beziehung in etwa so logisch, wie die Parallelität der Kurve zur Storchenpopulation und der zum Geburtenrückgang beweist, dass die Kinder vom Storch gebracht werden.
Spitz bekräftigt seine These: „Das ist hinreichend publiziert worden”. Ein suggestiver Trick. Er transportiert die Botschaft: Das müssten Sie aber wissen! Tatsächlich wurde schon häufiger die Parallelität der Kurven publiziert und diskutiert. Die Korrelation von Daten kann einen Hinweis auf Zusammenhänge geben – wie es sich aber mit der Kausalität zwischen Vitamin D und Atemwegserkrankungen verhält, ist weiterhin unklar. Studien lassen noch keine Aussagen dazu zu. Das erwähnt Spitz jedoch nicht. Und davon mal ganz abgesehen: Was ist im digitalen Zeitalter eigentlich noch nicht „hinreichend publiziert“ worden?
Aber wissenschaftliche Halbwahrheiten sind noch nicht das letzte Mittel des Professors. An anderer Stelle soll Spitz gesagt haben, es sei nicht nötig, Krebs herauszuschneiden – wenn man den Körper wieder richtig ernähre, „dann ist dieser Spuk vorbei“. Sein großes Versprechen: Es ist gar nicht schwer, gesünder zu leben. Und man muss auch die Ohnmacht gegenüber schlimmen Krankheiten nicht aushalten. Es gibt einfache Lösungen, wird suggeriert. Und diese lassen sich für – relativ – kleines Geld kaufen.
Spitzen-Geldquellen
Doch auch wenn Vitaminpräparate teils schon für Beträge im einstelligen Bereich zu haben sind – wer glaubt, mit ihnen lasse sich nicht so viel Umsatz machen, der irrt. Zumal die Preisspannen der Produkte groß sind.v Rund ein Drittel der Deutschen nimmt mindestens einmal pro Woche Vitamine über Nahrungsergänzungsmittel zu sich – insbesondere Vitamin D, gefolgt von Vitamin B12, Vitamin C und Multivitaminpräparaten.vi 2021 belief sich der Umsatz aus dem Verkauf von Vitamin-A- und -D-Produkten alleine in Apotheken auf knapp 165 Millionen Euro – eine Umsatzsteigerung von 17 % zum Vorjahr. Dabei hatten schon die Jahre zuvor eine kontinuierliche Steigerung des Umsatzes gebracht.vii Ein Teil dieses Geldes landet bei Spitz.
Eines der operativen Standbeine seiner Stiftung für Gesundheitsinformation und Prävention DSGiP ist das Unternehmen mit dem Namen Akademie für Menschliche Medizin (AMM). Seit 2015 findet jährlich ein mit der Akademie verbundener Kongress im Biozentrum des Campus Riedberg der Universität Frankfurt statt. Nach eigenen Angaben verzeichnen die Kongresse mehr als 250 Teilnehmende „aus Wissenschaft und Heilberufen sowie interessierte Laien“.viii Für eine Eintrittskarte für zwei Tage zahlen die Teilnehmenden 290 Euro (2022)ix. Finanziell noch interessanter werden diese Veranstaltungen über den Verkauf von Online-Zugängen zu sogenannten Kongress-Paketen. So bringt etwa der Zugang zum „Kleinen 1 x 1 der Mikronährstoffe“ 29 Euro, das „Conference Package International Online Conference on Covid-19 & Vitamin D“ schon 70 Euro und das „Event-Paket Vitamin D“ 149 Euro.x Da die Pakete dauerhaft und über Jahre auf der Homepage angeboten werden, ist angesichts der mutmaßlich eher gutverdienenden und hoch motivierten Fangemeinde von guten Umsätzen auszugehen.
Videos mit Vorträgen von Spitz allein oder mit Gesprächspartnern verschiedenster Qualität, manchmal nur ein paar Minuten lang, manchmal weit über eine Stunde und zu unterschiedlichen medizinischen Schwerpunkten finden sich auf einigen Homepages. Sie bilden ein kleines Spitzsches Universum, in dem die häufig gleichen Thesen wie die einer ausgeprägten Vitaminmangelversorgung mit jeweils Lösungen aus dem sogenannten alternativmedizinischen Bereich verbreitet werden. Allein der Youtube-Kanal der AMM beliefert 145.000 Abonnenten, die Videos sind häufig von Werbung unterbrochen. Und ob Zufall oder nicht: Irgendwie haben die vorgeschalteten Werbetrailer oft etwas mit Geld und Verdienst zu tun.
Spitz ist auch häufiger Dozent bei Online-Kongressen, etwa vom Veranstalter medumio. Auf dem Online-Portal des Veranstalters, der für 2021 rund 25 Veranstaltungen in seinem Kalender stehen hatte und auf Instagram 16.000 Follower verzeichnet, kann man für einen monatlichen Beitrag Zugang zu Videos und PDFs zu verschiedenen „Gesundheitsthemen“ erhalten. Medizinische Themen sind oft lebensbedrohliche oder quälende Krankheiten, die Materialien dienen auch als Werbeträger, die Qualifikationen der Dozenten sind fragwürdig oder unbekannt, die Methoden ungeprüft oder offen umstritten, sagen Expert*innen. Da liest sich ein Professorentitel (der übrigens auf Lebenszeit verliehen wird) unter den Referenten besonders gut. Eine der Verkaufsmaschen des Veranstalters: Teilnehmende werden angeworben, „Botschafter“ der kommenden Kongresse zu werden und in ihren eigenen Medien dafür zu werben. Dafür winkt eine Erfolgsbeteiligung „von 50%“ – für den Schuppenflechtekongress gibt es also 25 Euro pro angemeldete Person, bei teureren Kongressen mehrxi. Spitz wirbt für diese Kongresse mit eigens dafür produzierten Videos und ihm als Referenten.xii
Vor allen Dingen ist Spitz aber über die Firma AMM Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln und solchen, die dem Esoterikmarkt zuzuordnen sind. Über die Homepage der Akademie gelangt man zu etlichen Partnerprodukten wie Vitaminpräparaten und „medizinischen“ Gerätschaften, die Heilung versprechen. Für jeden Kauf über einen der 530 Empfehlungslinks erhält die Akademie eine Provision. Und die Akademie ist auch Geschäftspartner der Düsseldorfer Werbefirma Taramax, ein Werbeportal für „ganzheitliche Medizin“. Unternehmen, die sich hier präsentieren wollen, zahlen für eine Selbstdarstellung zwischen 17,08 € und 24,08 € monatlich. Wem das nicht reicht, kann offensichtlich auch Produktplatzierungen buchen.
Auf Videoportalen (hier YouTube) finden sich zahlreiche Vorträge von Jörg Spitz. Der Werbetext zum oben stehenden Video-Vortrag lautet: „Auch in der Presse findet man inzwischen zahlreiche Belege für den Zusammenhang einer Vitamin-D-Gabe und einem verbesserten Abwehrschutz gegen COVID-19.” Bullshit-Alarm! Es finden sich zweifelsohne viele Presseberichte zu diesem Thema. Das sind aber mitnichten Belege. Ein differenzierter Faktencheck dazu findet sich hier.
Der Clou: geschäftstüchtig und gemeinnützig
Besonders geschäftstüchtig beweist sich Spitz aber dadurch, dass er sich verschiedene Teilprojekte der DSGiP zusätzlich über die Spendenplattform betterplace finanzieren lässt.xiii So hat etwa das Projekt „Life-SMS“, ein Informationsportal zur „eigenverantwortlichen Behandlung der Multiplen Sklerose“, das seit 2015 aktiv ist, den Angaben auf dem Portal zufolge bereits Tausende von Euro über die Plattform kassiert. Multiple Sklerose ist eine unheilbare neurologische Auotimmunerkrankung mit vielfältigen Symptomen, Betroffene müssen mit schweren Behinderungen rechnen, ihre Not ist groß. Für 2022 werden weitere 9000 Euro für dieses Projekt angestrebt. Andere Projekte funktionieren in vergleichen Dimensionen, darunter auch die „SonnenAllianz“ mit dem Schwerpunktthema Vitamin D.
Gleichzeitig werden auf dem Portal betterplace auch Spenden für die Stiftung DSGiP gesammelt. Sie gilt als gemeinnützig, die Spenden können steuerlich abgesetzt werden. Zu den Stiftungsaufgaben gehört es u.a., „Initiativen für eine praktikable Prävention im Alltag“ zu erarbeiten und diese „im Verbund mit professionellen Anbietern von Gesundheits- und Präventionsleistungen“ umzusetzen.xiv Man könnte auch sagen: Über die Stiftung hat das Spitzsche Universum seine Marketingaktivitäten zur Gemeinnützigkeit deklariert. Und als i-Tüpfelchen lässt es sich dann auch noch über Charity-Shopping-Portale wie Wecanhelp.de und über Amazon Smile beschenken.xv
Bullshit soll täuschen
Der Name der Akademie für Menschliche Medizin birgt übrigens nicht nur eine Täuschung, was Art und Zweck der Einrichtung betrifft. Er spielt mit Sehnsüchten und Bedürfnissen nach Nähe und Beziehungen. Er nährt den Zweifel, dass die Medizin, die wir ansonsten kennen, vielleicht nicht „menschlich“ ist. Eine solche Konstruktion des Guten, mit der Absicht, die andere Seite als das Schlechte zu definieren, funktioniert besonders effektiv, wenn tatsächliche Mängel instrumentalisiert werden können. Die medizinische Versorgung in Deutschland ist zwar noch grundsätzlich gut – doch das System kann seine Defizite immer schlechter und nur unter Selbstausbeutung der in ihm arbeitenden medizinischen Fachkräfte verdecken. Die gesundheitspolitisch geschaffenen Anreize stärken gewinn- statt bedürfnisorientierte Strukturen und Methoden. Dabei fallen zuerst jene Patient*innen hintenüber, die sozial oder finanziell benachteiligt sind und keine Lobby haben; für eine empathische und individuelle Versorgung sind grundsätzlich wenig Ressourcen vorgesehen.
Während also kapitalgeleitete Interessen immer spürbarer werden, klingt das Versprechen einer menschlicheren Medizin sehr erstrebenswert. Dass dieses Versprechen durch Spitzens Akademie gar nicht eingelöst wird, fällt seinen Anhänger*innen nicht auf. Sie haben ihre Meinung auf der Gefühlsebene gebildet, die Versprechungen waren zu vielverheißend, die Angst vor der verpassten Vorsorge zu groß. Der Gut-Böse-Dualismus zählt zu den Klassikern unter den Techniken der Menschenfänger. Von denen Spitz natürlich nicht der einzige ist. Aber er ist einer der großen.
Auch generelle Heilsversprechen sollten dringenden „Bullshit-Alarm“ auslösen. Und auch diese beherrscht Spitz. Folgt man ihm, gibt es wohl kaum eine Krankheit, die nicht mit dem „Sonnenvitamin“ in den Griff zu bekommen ist. Dazu gehören auch Multiple Sklerose, Schizophrenie, Depression, M. Parkinson, Demenz, alles Erkrankungen, die Spitz in dem Video „Vitamin D – ‚Hype oder Hope‘“, das seit Februar 2018 fast 7.000.000 mal aufgerufen wurdexvi, aufzählt. Alles „schlimme Krankheiten“, so Spitz. Das stimmt – schlimme und angstmachende. „Sie können jede Krankheit nehmen, die sie wollen, alle sind Vitamin D abhängig.“ Von Abhängigkeit zu sprechen ist nicht falsch: Bei vielen Vorgängen im Körper wird Vitamin D benötigt. Was das Publikum aber vor allem hört, ist das Ungesagte, die eingeflüsterte Message: Diese Krankheiten entstehen durch Vitamin-D-Mangel.
Bullshit soll beeindrucken
Und wer noch nicht genug Angst hat, dem wirft der Vitaminhändler im Arztkittel dunkle Zukunftsvisionen an die Wand, was passiert, wenn den Kindern, die heutzutage nicht mehr draußen spielen und somit kein Vitamin D mehr selbst bilden, keine Vitaminpräparate gegeben werden. „Alle unsere Kinder wachsen in Mangel auf“, sagt er. Und: „Was mit einem Kind da passiert, was in der Zeit, wo es wächst und wo es sein Gehirn noch ausbilden soll, das werden wir in 20 Jahren erfahren.“xvii
Spitzens Vortrag ist ein Beispiel par excellence, wie aus einem Körnchen Wahrheit ein Haufen Bullshit wird – und damit ein Beispiel für ein häufiges Phänomen im Umfeld von schwurbelnden Geschäftemachern und Verschwörungserzählern. Das Wort Bullshit wird übrigens von einigen Sprachwissenschaftler*innen auch auf das altfranzösische „bole“ für Täuschung zurückgeführt. Das Wort beschreibt eine Behauptung, die sich auf Halbwahrheiten oder Gerüchte stützt – was zählt, ist das Erregungspotenzial: Bullshit will die Empfänger in erster Linie beeindrucken.
Zum „Körnchen Wahrheit“ gehört: Vitamin D ist essenziell für den menschlichen Organismus und stärkt u.a. das Immunsystem. Bisher nicht nachgewiesen werden konnte allerdings, dass Menschen, die bereits gut mit dem Vitamin versorgt sind, von einer zusätzlichen Vitamin-D-Gabe profitieren. Richtig ist auch, dass es einen Anteil an Menschen gibt, die nicht optimal mit Vitamin D versorgt sind. Ein ernsthafter Mangel ist aber in der Regel nur bei Menschen nachzuweisen, die selten direkter Sonne ausgesetzt sind wie z.B. chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen, oder Menschen, die aus religiösen oder kulturellen Gründen nur mit vollständig bedecktem Körper ins Freie gehen. In solchen Fällen, wie auch bei Risikopatienten (z.B. älteren Patienten oder dunkelhäutigen), wird eine Vitamin-Ergänzung empfohlen.
Studien, die einen Zusammenhang zwischen einem schweren Vitamin-D-Mangel und einem höheren Risiko für einen tödlichen Verlauf bei bestimmten Krankheiten herstellen, können bislang keine Antwort darauf geben, ob der Mangel den Krankheitsverlauf bestimmt – oder der Krankheitsverlauf den Mangel auslöst. Beides ist aktuell nicht auszuschließen.
Aber: Auch wenn Vitaminmangel, und speziell ein Mangel an Vitamin D, einer der Gründe für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko sein kann – der Umkehrschluss, dass wenn wir nur ganz, ganz viele Vitamine zu uns nehmen, wir immer gesünder bzw. sogar immun gegen Krankheiten werden, ungeachtet aller anderen Risikofaktoren, der ist gefährlich. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat im vergangenen Jahr explizit vor den gesundheitlichen Risiken einer eigenständigen Einnahme von Vitamin-D-Präparaten in Reaktion auf Covid 19 gewarnt. Denn Vitamin D reichert sich im Körper an. Ein Zuviel kann gefährliche Vergiftungen auslösen. Höhere Dosierungen sollten nur unter ärztlicher Kontrolle und unter Berücksichtigung des individuellen Vitamin-D-Status erfolgen.
Wer eigenmächtig Vitamin D einnehmen wolle, so Verbraucherschützer*innen, solle sich auf eine Tagesdosis von bis zu 20 Mikrogramm beschränken. Das entspricht etwa 800 Internationalen Einheiten (IU/day). Spitz empfiehlt 4000 IU/day pro 70 kg, bei Übergewicht bis zu 10.000 Einheiten.xviii Mit seinen Empfehlungen zu Vitamin D widerspricht der Nuklearmediziner also allen maßgeblichen medizinischen Fachgesellschaften und Organisationen. Und damit der übergroßen Mehrheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, für die diese sprechen, und Regeln der evidenzbasierten Medizinxix.
Echter Professor, falscher Prophet
Doch für manchen bestätigt Gegenwind ja nur die Qualität der Aussagen. Die passende Legende liefern die „Kämpfer für die Wahrheit“ meist gleich mit. Ihre Logik: Die Wahrheit wird uns bewusst vorenthalten. Nicht nur bei Spitz tritt dieses Phänomen gerne im Zusammenklang mit einem mehr oder wenig auffälligem Bashing der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf. Er sagt: „Die Öffentlich-rechtlichen“ würden Dinge verbreiten, die gegen die vorliegenden wissenschaftlichen Daten sprechen. Wissenschaftliche Publikationen, die den Vitaminmangel belegen, würden nur im Ausland erfolgen. Und das Robert-Koch-Institut habe ihm die Herausgabe von Daten verweigert. Und er sagt auch, warum das so passiert: „Denn wenn man das an die Bildzeitung geben würde – alle Kinder haben einen Vitamin D-Mangel – müsste man ja was tun.“ Zu Ende gedacht also: Man verheimlicht uns etwas. Wir stehen einer riesigen Verschwörung von Ärzten, Pharmaindustrie und Medien gegenüber, welche uns ein Mittel vorenthalten wollen, das uns vor Krankheit bewahrt. Was an die vielzitierte rhetorische Figur erinnert, man dürfe bestimmte Dinge nicht sagen, während man sie doch gerade sagt – schließlich gibt es Vitamin D überall zu kaufen, und zwar bis zu den absurden Dosen von 50.000 Einheiten.
Doch die Strategie ist erfolgreich. Selbst wer solchen Gedankengängen nicht sofort in Gänze folgen mag: Ein gewisses Misstrauen gegenüber dem wissenschaftlichen bzw. dem politischen System bleibt doch hängen. Wer mag schon der Pharmaindustrie trauen? Doch lässt man mal die notwendige Kritik an einer kapitalorientierten und unzureichend reglementierten Industrie beiseite – das Misstrauen, dass Spitz und Co. hier provozieren, ist kein gesellschaftskritisches. Spitz und Co. sind Geschäftemacher. Ihr Ziel ist es, möglichst viele Menschen in die eigene Logik zu locken, vorbei an jedem gesellschaftlichen Konzept von Gesundheit. Das „Geheimwissen“, das solche Geschäftemacher verbreiten, soll davon überzeugen, dass jeder selbst für sein eigenes Wohl sorgen muss – Gesellschaft, Politik und Wissenschaft tun es ja schließlich nicht, so wird die Legende verstärkt. Eine Mitverantwortung aller für Gesellschaft und Wissenschaft kommt in dem Konzept nicht vor. Politik ist externalisiert – gemeinschaftliches, solidarisches Handeln würde den freidrehenden Preppertrieb bremsen.
Ein weiteres Merkmal von Bullshit bzw. verschwörungstheoretischer Logik lässt sich bei Spitz finden, wenn er etwa von der „ewigen Leier der deutschen Gesellschaft für Ernährung, man soll sich gesund ernähren“ redet. Das helfe nämlich „nix“, widerspricht er der Institution – er, der Anführer des kleinen verschworenen Haufens, der die Wahrheit erkannt hat und jetzt an seine Gemeinde weitergibt. Viele seiner Referenten, mit denen er die zahlreichen Videos aufnimmt, stoßen ins gleiche Horn. So zum Beispiel der Apotheker Uwe Gröber aus Essen, der in medizinischen Fachverlagen zu Mikronährstoffen und orthomolekularer Medizin veröffentlicht und in seinen Vorträgen Folien präsentiert mit der Überschrift: „Was Ihnen ihr Arzt nicht gesagt hat“. Oder der seinen Vortrag damit einleitet: „Ich erzähle Ihnen, was Ärzte in der Ausbildung nicht gelernt haben.“
Vitamin-D-Supplementierung kann in bestimmten Fällen sinnvoll bzw. notwendig sein und was die empfohlene Dosierung betrifft, mag noch nicht das letzte Wort gesprochen sein, Wissenschaft ist nichts Statisches. Was problematisiert werden muss, sind aber die Mittel, mit denen Professor Spitz und andere einen Graubereich konstruiert haben, in dem sie offensichtlich sehr viel Geld verdienen können. Zu ihren Waffen im Kampf um persönliche Vorteile, Machtverhältnisse und letztlich die „Wahrheit“ gehören Pauschalisierungen und Diffamierungen, Gut-Böse-Schemata und vermeintlich einfache Lösungen bis hin zu Heilsversprechen.xx
Im Markt der Alternativangebote ist Spitz nicht der Einzige, der auf solche Techniken zurückgreift. Die Akademie für Menschliche Medizin und ihr Gründer beherrschen das Spiel mit der Täuschung allerdings extrem gut: bis zum endgültigen Verschwimmen der Grenze zwischen Seriosität und Verschwörungslegende – Bullshit aus der Spitzenliga.
Ist das jetzt Politik oder Geldmache?
Unklar ist und wird bleiben, inwieweit die einzelnen Akteure in solchen Systemen wirtschaftliche Interessen verfolgen, ob sie eine Selbstaufwertung daraus ziehen oder ob sie eine politische Agenda im Sinn haben. Denn selbst wenn sie sich scheinbar auf rein „medizinische“ Aussagen beschränken – anders als das etwa im anthroposophischen Umfeld der Fall ist –, so wird über viele sogenannte alternativmedizinische Verkaufsstrategien eine Legende mitverkauft: Das eigene Immunsystem sei stark genug. Die moderne Lebensweise sei es, die uns schwach macht. Und es mag sich auch hier wieder ein gewisser Wahrheitsanteil finden – in vereinfachten Denkmodellen stehen solche Aussage aber für sich alleine und können dann den Weg zu antimodernen Ressentiments und den damit verbundenen Verschwörungsmythen ebnen: Ist das eigene Immunsystem stark genug, brauchen wir keine moderne Medizin. Ergo: Die Pharmaindustrie und die Politik belügen uns. Und außerdem: Wer krank wird, ist selbst schuld. Das Prinzip des Solidarsystems rückt in die Schusslinie, der Schritt zur „natürlichen Auslese“ näher.
Die sozialen Folgen des Treibens der Geschäftemacher mit der Angst sind ersichtlich: Sie sind mit für das Auseinanderdriften der Gesellschaft verantwortlich, sei es durch das Schüren von Misstrauen und das Anheizen sozialdarwinistischer Tendenzen, sei es durch die faktische Aufteilung der Menschen in solche, die es sich leisten können, mit Vitaminen – bzw. Gold- und sonstigen Vorräten – für ihr individuelles „Überleben“ zu sorgen, und solchen, die das nicht können.
Dass in vielen der verbreiteten Aussagen mal mehr, mal weniger Wahrheit liegt, macht Gegenrede schwierig. Die „Körnchen“ verdecken die Polarisierungen, die angstschürenden Halbwahrheiten, die Hinführung des Publikums zu dem Ungesagten, was solche Geschäftemacherei gefährlich macht und sie vom Prinzip her in der gleichen Schublade verorten lässt wie die richtigen „Schwurbler“.
Alternativmedizin als Einstieg in Welt der Verschwörungen
Entsprechend gehen auch wissenschaftliche Untersuchungen davon aus, dass alternative Heilmethoden als Einstieg in esoterische Weltanschauungen, verschwörungstheoretische Erklärungsmodelle und rechte Ideologien fungieren können. Das bedeutet nicht, dass alle Homöopathie-Anwendenden gefährdet sind, rechten Ideologien Glauben zu schenken. Doch es entstehen zum Beispiel leicht Filterblasen, in denen nach und nach eine Abgrenzung nach außen stattfindet und in denen dann der Wissenschaft per se eine Zugehörigkeit zur großen Weltverschwörung zugeschrieben wird. Eine prinzipielle Wissenschaftsfeindlichkeit wiederrum befördert den Glauben an Fake-News und populistische Welterklärungsmodelle und damit auch den Einstieg in unwissenschaftliche und simplifizierende Weltanschauungen. Die Abgrenzung von wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen, das Reduzieren von Komplexität sowie die Konstruktion eines Gut-Böse-Dualismus sind Gemeinsamkeiten von Alternativmedizin, Verschwörungsmythen, Esoterik und rechten Ideologien – bei allen Unterschieden.xxi
Wer sich in die Hände eines Bullshit-Geschäftemachers begibt, vergrößert also nicht nur dessen Gewinn, sondern kann auch den Kontakt zur Welt verlieren. Und wer den Bullshit verbreitet bzw. weiterverbreitet, untergräbt das Ringen einer Gesellschaft um eine objektivexxii, gemeinsame Wirklichkeit.
Dass solche Systeme über Täuschungen funktionieren, liegt also auf der Hand. Menschlich nachvollziehbare Gründe, sich trotzdem verlocken zu lassen, gibt es. Krankheit und Tod lösen bei den meisten Menschen Ohnmachtsgefühle aus, das Leben in der modernen Gesellschaft oft auch. Wer Vitamin D nimmt, so vermitteln es die Geschäftemacher, nimmt dagegen sein Schicksal in die Hand – gegen alle Widerstände der Masse, gegen die Pharmalobby und gegen die Politik, die uns alle täuschen will. Gleichzeitig kommt die Selbstoptimierungsstrategie dem gesellschaftlich verbreiteten Anspruch nach voller und dauernder Funktionstüchtigkeit entgegen.
Und wer weiß: Vielleicht hilft ein verbesserter Allgemeinzustand ja auch, das allgemeine körperliche oder seelische Unwohlsein, das sich durch so manches Leben zieht und nur schwer veränderlich scheint, besser wegzustecken. Zumal die Ursachen solcher Beschwerden diffus sind: Sind es die persönlichen Unzulänglichkeiten, Überforderung, Umweltschadstoffe, eine Veranlagung gar oder doch einfach nur „Stress“? Vitaminmangel dagegen ist ein konkretes Problem, Vitamintabletten sind käuflich.
Die sogenannte „Schulmedizin“ xxiii kann bei vielen Problemen nicht helfen. Teils, weil sie unter den aktuellen Bedingungen nicht dazu in der Lage ist, teils, weil hinter den Problemen keine medizinischen Fragestellungen stehen, sondern gesellschaftliche Umstände, die zu hinterfragen wären. Der Griff nach der sogenannten Alternativmedizin und die Ablehnung der Schulmedizin ist ein Indikator. Die Tendenz enttäuschter Menschen, sich als Zielscheibe mächtiger Gegner zu positionieren, lässt sich nicht immer allein mit Verfolgungswahn, Wichtigtuerei oder Bequemlichkeit abtun. Solche Verdächtigungen wachsen auch auf der Grundlage objektiver Missstände. Viele Zusammenhänge, die Einfluss nehmen auf unser tägliches Leben, sind hochkomplex und nur schwer zu begreifen. Das Bedürfnis, sich die Welt erklären zu können und eigene Wirkmächtigkeit zu erlangen, ist kein verkehrtes.xxiv Verkehrt ist, dass die Gesellschaft einfache Lösungen mit schnellem Mehrwert belohnt und die eigentlichen Probleme unbehandelt bleiben und von Geschäftemachern unter Zuhilfenahme von Manipulationstechniken gnadenlos ausgenutzt werden.
Vielleicht findet sich hier sogar der wichtigste Grund, warum sich ein Disk-Jockey in Frankfurt für die Einnahme von Vitamin D und das Spitzsche Universum stark macht: Er glaubt, sein Schicksal jetzt in die eigenen Hände genommen zu haben. Er hat es allen gezeigt, er ist jetzt einer von denen, die Bescheid wissen. Dabei verdient er wahrscheinlich noch nicht mal Geld damit wie andere. Sein Benefit: Er fühlt sich besser. Auf jeden Fall besser als die anderen.
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i https://www.agrar-presseportal.de/verbraucher/trends/coronavirus-abwehr-durch-vitamin-d–30789.html
ii Mit der Vitamin D Offensive 2021 gegen Corona & COVID-19! Spitz, 19.1.2021 https://www.youtube.com/watch?v=Gr2hF-qlIcU
iii Vitamin D – „Hype oder Hope“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Spitz, https://www.youtube.com/watch?v=xEU7Hb8KrpM, ca. 18:00
iv Vitamin D – „Hype oder Hope“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Spitz, https://www.youtube.com/watch?v=xEU7Hb8KrpM
v Bis zu einer gewissen Dosierung sind Vitamin-D-Präparate in der Drogerie oder rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Der Umsatz der letzteren, also der „frei über den Apothekencounter“ erhältlichen Produkte (OTC), ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, in den vergangenen 10 Jahren um rund 50 %. Vitamin D liegt dabei ganz vorne. Die Verordnung von verschreibungsfreiem Vitamin D ist nur in wenigen bestimmten Fällen möglich, z.B. bei einer manifesten Osteoporose oder bei bestimmten medikamentösen Therapien. Verschreibungspflichtige Präparate zur Behandlung eines nachgewiesenen Vitamin-D-Mangelzuständen sind sehr hoch dosiert und eine Langzeitbehandlung damit verlangt die Überwachung von Calciumspiegel und Nierenfunktion.
vi Presseerklärung des Bundesinstitut für Risikobewertung vom 10.2.2022
vii IQVIA Consumer Report Apotheke
viii „Kongress für menschliche Medizin“
x Die Pakete bewirbt Spitz auf seiner Webseite.
xi Siehe hier zum Schuppenflechtekongress.
xiii https://dsgip.de/wp-content/uploads/2020-12-22-DSGiP_PlanB_Covid_Nov2020_publicinformation-1.pdf
xiv https://dsgip.de/die-stiftung/
xv https://dsgip.de/finanzierung-und-spenden/
xvi Vitamin D – „Hype oder Hope“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Spitz
xvii Vitamin D – „Hype oder Hope“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Spitz, ca. 11:00 min
xviii Vitamin D – „Hype oder Hope“ Vortrag von Prof. Dr. Jörg Spitz, ca. 19:30 min
xix Evidenzbasierte Medizin (EbM) ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. (…) EbM stützt sich auf drei Säulen: die individuelle klinische Erfahrung, die Werte und Wünsche des Patienten und den aktuellen Stand der klinischen Forschung. (…) Wesentlich für die EbM ist die systematische, zeitnahe und unverzerrte Berücksichtigung von Studienergebnissen.
xx Vgl. Nora Pösl, Von Homöopathie und Handauflegen zur Hassideologie, Diplomica Verlag, 2020
xxi Vgl. Nora Pösl, Von Homöopathie und Handauflegen zur Hassideologie, Diplomica Verlag, 2020
xxii Objektivität in der Wissenschaft ist nicht als ein endgültiger, absoluter Zustand zu verstehen, sondern als einer, der sich auf alle prüfbaren Informationen und deren Interpretation zu einem bestimmten Zeitpunkt bezieht.
xxiii Der Pschyrembel für Naturheilkunde und alternative Heilverfahren beschreibt „Alternativmedizin“ als „umstrittene und unscharfe Sammelbezeichnung für diagnostische und therapeutische Verfahren, die außerhalb der konventionellen Medizin stehen“. Der Begriff suggeriere, „dass diese Methoden anstatt der Schulmedizin eingesetzt werden können; überzeugende Daten zur klinischen Evaluation bezüglich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit fehlen für viele Methoden der Alternativmedizin; die theoretischen Erklärungsmodelle erscheinen häufig spekulativ“. Problematisch ist, dass unter den Begriff oft sowohl Methoden fallen, die nicht nur ihre Wirksamkeit nicht nachweisen können (wie etwa Homöopathie), sondern auch stark ideologisch aufgeladen sind (wie etwa die Anthroposophie), aber auch Therapien wie etwa Phytotherapie, deren Wirkung nachweisbar und erforscht ist. Unter den Nationalsozialisten galt die „Schulmedizin“ übrigens als „jüdisch-marxistisch“, in den 1930er Jahren entstand der Kampfbegriff „verjudete Schulmedizin“. Als Ersatzbegriff wird heute „wissenschaftlich orientierte Medizin“ vorgeschlagen. Zur besseren Abgrenzung: Auf Psiram findet sich verschiedene Listen typischer Merkmale für unwirksame pseudomedizinische Verfahren bzw. generell für medizinisch unwirksame Methoden aus verschiedenen Quellen.
xxiv Vgl. Leo Löwenthal, Falsche Propheten, Suhrkamp 2021, New York 1949