Im Sommer 2020 kam es zu einem bewaffneten Angriff von Mitgliedern der Marburger Burschenschaft Germania und ihr nahestehenden Personen auf eine Nachbarverbindung, die aufgrund ihrer vermeintlich zu liberalen Ausrichtung zum Ziel wurde. Ende Januar beginnt der Prozess gegen drei Beschuldigte in Marburg. Das haben wir zum Anlass genommen, die Strukturen und Mitglieder der Marburger Burschenschaft Germania umfangreich offenzulegen. Die Ergebnisse der Recherche werden mit dem Projekt „lebensbund.org“ der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Neben Steckbriefen zu Mitgliedern der Burschenschaft sowie einer tabellarischen und kartographischen Übersicht finden sich Analysen über die Vereinsstrukturen, die Rolle von Frauen im Lebensbund und die herausragende Stellung der Altherrenschaft für das Funktionieren und Fortbestehen der Verbindung. Außerdem haben wir eine Liste über die in den letzten Jahrzehnten organisierten Veranstaltungen der Burschenschaft zusammengestellt, die ebenfalls auf der Projektseite eingesehen werden kann. Schlaglichtartig sollen zentrale Analyseergebnisse hier kurz vorweggenommen werden.
Der bisherige Fokus auf den extrem rechten Nachwuchs greift zu kurz, denn das Unterstützungsgeflecht der Altherrenschaft bildet die Grundlage für die Aktivitäten der Burschenschaft. Um diese extrem rechte Struktur bekämpfen zu können, muss der Fokus also erweitert werden. Dadurch werden auch ihre häufig vermeintlich unpolitischen Träger, die als Lehrer, Ärzte und Juristen ein scheinbar respektables Leben in der bürgerlichen Gesellschaft führen, in die Betrachtung eingebunden. Diese Erweiterung trifft ebenso auf die Frauen zu, die als Partnerinnen und Töchter der Burschenschafter als eigenständige Akteurinnen der extremen Rechten in den Blick genommen werden müssen.
Die aus diesem Projekt resultierenden Analyseergebnisse wollen wir mit euch teilen, um in Zukunft nicht nur die Marburger Burschenschaft Germania sondern auch alle anderen in der DB organisierten Männerbünde in ihrer ganzen Breite in den Diskurs einzubinden. Zudem ergibt sich eine überregionale Relevanz auch durch die im Lebensbund verbundenen Alten Herren, die tendenziell im gesamten deutschsprachigen Raum wohnen.
Unser Projekt wurde nur durch die jahrzehntelange Arbeit antifaschistischer Initiativen ermöglicht, die durch ihre kontinuierliche Arbeit die Grundlage für die hier gewonnenen Erkenntnisse gelegt haben.
Wir hoffen, mit diesem Projekt die Relevanz der Altherrenschaft zu verdeutlichen und diese mehr in den Fokus antifaschistischer Praxis zu rücken.
Deutsche Burschenschaft dichtmachen!