Wir dokumenieren hier einen Beitrag der Initiative Aufklärung statt Verschwörungsidelogien zum Frankfurter Rechtsanwalt Frank Großenbach, der u.a. als „DieBasis“-OB-Wahl-Kandidat war und auch sonst in der rechten Verschwörungsszene recht umtriebig ist.
Der Frankfurter Rechtsanwalt Frank Großenbach ist ein Sprachrohr der rechten Verschwörungsszene
Frank Großenbach war Kandidat für die Partei DieBasis im März 2023 zur Wahl des Oberbürgermeister-Amtes in Frankfurt. Er hält häufig Reden auf Demonstrationen der rechten Verschwörungsszene – egal, ob diese sich thematisch der Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder beidem widmen. Er ist ein typischer Protagonist seines Milieus: Einer, der glaubt, alles zu wissen und durchschauen zu können. Einer, der auf seinen Lebensstil und seine Privilegien pocht und sich immer im Recht wähnt. Und der sich selbst am liebsten reden hört.
Der Rechtsanwalt, der keine Ahnung vom Presserecht hat
Großenbach ist Anwalt für Verwaltungsrecht. Er wohnt in Bockenheim und hat seine Kanzlei auf der Zeil. Der 62-jährige mit dem markanten Vollbart nennt sich selbst einen „Wald- und Wiesen-Rechtsanwalt“, manchmal stellt er sich auch als Architekt, Bauleiter und Musiker vor. Er gehört der Organisation Anwälte für Aufklärung (AfA) an, die die Aufgabe erfüllt, selbsternannte Corona-Rebell*innen darin zu bestätigen, dass sie mit ihren Ansichten und Aktionen im Recht seien und dass sie für das Recht kämpfen würden. Großenbach erzählt ihnen, dass die Corona-Maßnahmen verfassungswidrig seien und dass es sich bei der Corona-Schutzimpfung angeblich um eine experimentelle mRNA-Gentherapie handele, die laut Gesetz in Deutschland gar nicht angewendet werden dürfe. Die Corona-Impfung von Kindern nennt er ein „Menschheitsverbrechen“.
Besonderen Applaus erhält er, wenn er seinen Zuhörenden empfiehlt, sofort Strafanzeige zu stellen, wenn diese glauben, auf ihren Demonstrationen von „Antifanten“ (O-Ton Großenbach) fotografiert zu werden. Als „Antifanten“ (für Antifa) gelten in seinem Milieu Personen, die die entsprechenden Veranstaltungen dokumentieren und dabei nicht als die Seinen zu erkennen sind – wobei solche Personen auch gerne als „Lügenpresse“ beschimpft werden, ganz wie es beliebt. Das Fotografieren möchte er solchen Personen auf jeden Fall verbieten. Der Jurist erwähnt dabei nicht, dass jeder Mensch, egal ob Presse oder nicht, das Recht hat öffentliche Aufzüge zu fotografieren, auch mit hochauflösenden Kameras, um Details dokumentieren zu können. Was untersagt ist, ist die Veröffentlichung personenbezogener Fotos, wenn es sich bei den Abgebildeten nicht um Personen handelt, an denen es ein besonderes öffentliches Interesse gibt oder die selbst die Öffentlichkeit suchen. Ob Anwalt Großenbach, der sich zum unermüdlichen Verfechter von Recht und Wahrheit stilisiert, es nicht besser weiß oder ob er bewusst Falsches sagt, sei dahingestellt. In jedem Fall befeuert er mit seinen Aussagen ein Milieu, das am liebsten jede nicht genehme Berichterstattung verbieten und bestrafen lassen möchte.
Großenbach selbst nimmt es mit Recht und Gesetz nicht so ganz genau: Aufnahmen vom 17. September 2022 zeigen, wie er an der Alten Oper in Frankfurt aus dem „Corona-Protest“ heraus auf am Rand stehende Personen zustürmt, einem Pressefotografen die Hand vor die Linse zu halten versucht und „Zieh die Maske ab!“ und „Weg mit euch!“ brüllt.
Gegen Corona hilft „Bauchgefühl“
Großenbach geriert sich auch als Experte für Pandemien und Viruserkrankungen. So zum Beispiel in einer Podiumsdiskussion zum Thema Corona auf dem „Friedenscamp“ der Initiative Stopp Air Base Ramstein am 21. Juni 2022. Dort deutet er an, dass in Italien zur Hochzeit der Pandemie manche Corona-Erkrankte nicht an COVID-19 starben, sondern an einer Überdosierung der Medikamente, die ihnen verabreicht wurden. Auf derselben Veranstaltung erzählt er von seinem 93-jährigen Vater, der Omikron dank „Hausmitteln“ wie Vitamin C und D „gut überlebt“ habe. Er selbst habe verhindern können, dass sein Vater in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, womit dessen „Sterbeprozess eingeleitet“ gewesen wäre.
Pandemien sind für Frank Großenbach nicht weiter schlimm, denn „da verbreitet sich halt ein Virus oder sowas, was soll’s?“. In einer Kolumne auf mainfrankfurtverbindet.de vom September 2021 gibt er sich ganz entspannt: „Seit 300 Tausend Jahren haben die Menschen gelernt mit Viren, Parasiten und Bakterien umzugehen und die Menschheit hat überlebt.“ Er empfiehlt sogleich: „Vertrauen Sie dem eigenen Immunsystem. Vertrauen Sie Ihrer Intuition, Ihrem Bauchgefühl, Ihrem Gewissen und Ihrem gesunden Menschenverstand.“
In anderen Reden und Redebeiträgen legt er nach. Er sagt, Abstand und Masken würden nicht gegen die Verbreitung des Virus helfen. Auf seiner Rede am 17. September 2022 in Frankfurt behauptet er, die Gefährlichkeit des Corona-Virus sei „vergleichbar unterhalb einer normalen Grippe“. Auch hätte „95% der Gesellschaft soviel Antikörper in sich“, dass „es mit dem Virus zurecht kommt“. Mit dieser Aussage bezieht er sich wahrscheinlich auf die wissenschaftlich anerkannte IMMUNEBRIDGE-Studie, die im Herbst 2022 veröffentlicht wurde. Sie kommt zu dem Ergebnis, das 95% der Bevölkerung in Deutschland Antikörper gegen das Coronavirus besitzen und deshalb „moderat bis gut gegen schwere Corona-Verläufe geschützt“ seien. Doch Großenbach liest nur, was er lesen will. Er ignoriert, dass diese Zahl mit der hohen Impfquote in der Bevölkerung zusammenhängt und dass sie mitnichten bedeutet, dass all diese Personen vor Long Covid und damit verbundenen langwierigen massiven gesundheitlichen Einschränkungen geschützt seien. Die Studie verweist zudem darauf, dass eine „deutliche Immunitätslücke in den Risikogruppen“ besteht und dass Impfkampagnen bei über 70-Jährigen dringend notwendig seien.
Dass fünf Prozent der Bevölkerung aber leider nicht mit dem Virus „zurecht kommen“ (Zitat Großenbach), das kann sogar er erkennen. Ihm dürfte auch klar sein, dass diese fünf Prozent rund vier Millionen Menschen entsprechen. In seiner Bewerbung zur Frankfurt OB-Wahl schreibt er: „Das Ziel ist es, in einer Welt zu leben, in der wir den Schwachen beistehen.“ Der Zynismus seiner Aussagen ist ihm vermutlich nicht bewusst.
„Wir wollen einfach billiges Gas wie bisher“
Auch zum Krieg gegen die Ukraine hat Großenbach einiges zu sagen. Dabei verweist er häufig auf seinen christlichen Glauben und nimmt die Pose des Friedensapostels ein. Den Angriff Russlands auf die Ukraine reißt er in seinen Reden auf den Demonstrationen der Verschwörungsszene allenfalls kurz an – um dann ausführlich gegen die USA zu keilen. Denn die hätten Deutschland angegriffen. Seiner Meinung nach gäbe es ganz eindeutige Indizien, dass die USA die Anschläge auf die Nordstream2-Pipeline eingefädelt hätten. Worum es ihm und anderen Teilnehmenden der Aufzüge wirklich geht, sagte er am Ende des Aufzugs am 18. Februar 2023 in Frankfurt: „Wir als Bevölkerung sagen, wir wollen einfach billiges Gas wie bisher, das ist unsere Zielsetzung.“
Acht Tage später, am 26. Februar 2023, fand nahe der US Air Base im pfälzischen Ramstein eine rechte Demonstration unter dem Motto „Ami go Home“ statt. Großenbach erklomm die Bühne für eine kurze Rede, die sich tatsächlich genauso wirr anhört, wie sie sich liest: „Eine Botschaft wollte ich noch loswerden. Wir sollten auch realistische Botschaften senden an die Politiker, und wir haben einen Aggressor, der hat einen Sabotageakt begangen, nämlich den Sabotageakt in der Ostsee. Und diesen Aggressor, da fordern wir jeden Politiker auf, diesen Aggressor zu benennen, das ist die USA und das hat jeder Politiker in Deutschland klar zu benennen, dass es der Aggressor USA ist, der dieses Kriegsverbrechen begangen hat. Und dazu fordere ich euch auf, überall hinzugehen und die Politiker aufzufordern, sich zu bekennen dazu, dass es die USA waren, die diesen Terrorakt in der Ostsee verübt haben. Das wird uns die Freiheit und Souveränität bringen, das ist der Hebel, den wir ansetzen können, dass die USA diesen Terrorakt gemacht hat. Damit schließe ich die Rede. Ich komme aus Frankfurt, mein Name ist Frank Großenbach. Alles Gute euch.“
Kein Antisemitismus zu erkennen?
Am 29. November 2021 schrieb Frank Großenbach einen offenen Brief an Anetta Kahane, die Vorsitzende der antirassistischen Amadeu Antonio Stiftung in Berlin. Die hatte zuvor den Zusammenschluss von bürgerlichen Kräften mit extremen Rechten in den „Corona-Protesten“ thematisiert. In seinem Schreiben verwies Großenbach darauf, dass ihm am Wochenende zuvor „auf der Demonstration in Frankfurt am Main mit rund 3.000 weiteren Demonstranten“ keine „Rechtsextremisten, Rassisten und Antisemiten” begegnet seien und dass dort weder Parolen „gegrölt“ noch Transparente mit sich geführt worden seien, „die auf solche Gesinnungen hätten schließen lassen”. Zweifellos meint er die „Corona-Demo“ am 27. November 2021 in Frankfurt, auf der sich unter anderem Aktive aus dem Kreis der neofaschistischen Identitären Bewegung mit dem Transparent „Heimatschutz statt Mundschutz“ medienwirksam in Szene gesetzt hatten.
Großenbach, der seine Reden schon mal mit dem Gruß „Shalom“ beendet, hat offensichtlich auch seine ganz eigene Definition davon, was Antisemitismus ist und was nicht. So wurde auf der Samstag-Demonstration am 12. März 2022, bei deren Auftakt in der Taunusanlage Großenbach eine Rede hielt, ein Transparent mitgeführt, auf dem „Bilderberger”, „Rothschild” und „Goldman Sachs” für Kriege, Lobbyismus, „Totale Kontrolle” und die Neue Weltordnung (NWO) verantwortlich gemacht werden. „Bilderberger” und die jüdischen Familien Rothschild und Goldman-Sachs sind Sinnbilder einer ausgedachten jüdischen Weltverschwörung.
Die „Ami-go-home“-Demonstration am 26. Februar 2023 in Ramstein, auf der er eine kurze Rede hielt, war vom Kreis des extrem rechten Aufbruch Deutschland 2020 organisiert worden. 2.500 Personen nahmen teil, darunter bekannte Neonazis und viele Reichsbürger, die sich als solche mit Fahnen und Parolen offen zu erkennen gaben. Eingehakt bei Großenbach lief Ingrid Reich. Die ist eine führende Akteurin der Demonstrationen der rechten Verschwörungsszene in Frankfurt und fällt dort mit besonders kruden Erzählungen auf.
Der Oberbürgermeister-Kandidat der Partei DieBasis
Seit November 2021 ist Großenbach Vorsitzender des Aufsichtsrats einer Genossenschaft namens Menschlich Wirtschaften eG mit Sitz in Stralsund. Die Genossenschaft ist im politischen Milieu der Partei DieBasis zu verorten. Sie wurde im Oktober 2021 gegründet, ihren Vorstand, Beirat und Aufsichtsrat bilden Personen, die allesamt aus Kreisen der „Corona-Protesten“ bekannt sind. Beispiele sind der Verschwörungsideologe Gunnar Kaiser und der Arzt und Corona-Verharmloser Wolfgang Wodarg. Menschlich Wirtschaften eG will einen „Marktplatz für ganzheitliches Leben“ schaffen. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Werbeplattform für Personen und Firmen aus dem esoterischen Spektrum, die in der Krise etwas zu verkaufen haben. Hier bieten diverse Unternehmen, Künstler*innen, Musiker*innen, selbsternannte Gesundheits- und Lebensberater*innen und „Menschenbegleiter/innen“ ihre Produkte, Veranstaltungen und Seminare an.
Der Partei DieBasis (Basisdemokratische Partei Deutschlands) ist Frank Großenbach von Anbeginn an verbunden. Direkt nach ihrer Gründung im Sommer 2020 traten er (bis dato SPD-Mitglied) und seine Ehepartnerin Karin Großenbach dort ein. Heute ist er Beisitzer im Landesvorstand jener Partei, die auch in Frankfurt ein Sammelbecken von Esoteriker*innen, Corona-Leugner*innen und Verschwörungsgläubigen ist.
In seinen Reden auf den Aufzügen der rechten Verschwörungszene in Frankfurt warb er für seine Kandidatur für das Oberbürgermeister-Amt und forderte sein Publikum auf, ihn im Wahlkampf tatkräftig zu unterstützen. Der Erfolg war allerdings bescheiden: An manchem Wahlkampfstand wurde er lediglich von einer Person unterstützt, manchmal zog er alleine mit einem Bollerwagen durch die Straßen um seine Wahlplakate aufzuhängen. Bei den wenigen Passant*innen, die sich für ihn interessierten, entschuldigte er sich dafür, dass er nur veraltetes Infomaterial hatte. Schlussendlich waren es 744 Frankfurter*innen, die am 5. März 2023 für ihn votierten, was einen Stimmenanteil von 0,4 Prozent ausmacht.
Der Allesbesserwisser
Auf der Abschlusskundgebung der samstäglichen Demonstration der rechten Verschwörungsszene am 17. September 2022 an der Alten Oper wurde Großenbach von seiner Vorrednerin wie folgt angekündigt: „Es ist der liebe Frank, der unermüdlich sich mit dem Thema auseinandersetzt, auf Gerichtsverhandlungen ist und versucht den Menschen, den eine Impfpflicht auferlegt worden ist, Freiheit zu verschaffen. Und der uns jetzt hier eine Rede halten wird über die Energie-Situation und das IfSG [gemeint ist das Infektionsschutzgesetz, d.A.] gehe ich mal von aus, aber vielleicht redet er auch über was ganz anderes.“ Über was der „liebe Frank“ redet scheint seinem dankbaren Publikum ziemlich egal zu sein. Hauptsache ist, er redet. Seine Zuhörer*innen wissen, dass sie sich auf ihn verlassen können. Denn er pickt sich aus der Fülle der Informationen die heraus, die seine Weltsicht und die der Anwesenden bestätigen. Die präsentiert er ihnen als unverrückbare Wahrheiten.
Frank Großenbach liest nur, was er lesen will, sieht nur, was er sehen will und sagt nur, was sein Publikum hören will. Der fehlende Erfolg im realen Leben dürfte ihn kaum bremsen. So ist zu befürchten, dass der Wald- und Wiesen-Rechtsanwalt aus Frankfurt-Bockenheim der rechten Verschwörungsszene weiterhin als Sprachrohr dienen wird.