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Die ehemalige Dondorf-Druckerei im Stadtteil Bockenheim in Frankfurt am Main am alten Uni-Campus ist besetzt. Die Gruppe der Besetzerinnen und Besetzer will das Gebäude künftig als selbstverwaltetes Kulturzentrum mit Bürgertreff nutzen. Wie gestaltet sich das Leben dort?
Seit dem vorletzten Samstag halten wir die ehemalige Druckerei besetzt. Mit dabei sind Menschen aus dem Stadtteil, Klimaaktivistinnen und -aktivisten und Kunststudierende. Autonome, sozialistische, kommunistische, antirassistische und anarchistische Gruppen nutzen die Räumlichkeiten für Plena. Kunststudierende organisieren Ausstellungen mit eigenen Kunstwerken, Theater- und Performancegruppen proben. Die Dondorf-Initiative veranstaltet historische Führungen, um über die Geschichte des 150 Jahre alten Gebäudes zu berichten. Das beteiligte Spektrum reicht vom linken bis ins bürgerliche Lager hinein.
Welche Anliegen verfolgen Sie mit der Besetzung?
Aus ökologischen, kulturellen und erinnerungspolitischen Gründen fordern wir ein Abrissmoratorium für das historische Gebäude. Einst gehörte es der jüdischen Familie Dondorf, die während der Nazizeit verfolgt und zum Teil ins KZ deportiert wurde. Wir wollen es nun als selbstverwaltetes, nichtkommerzielles Zentrum nutzen: für alle, die keine fünf Euro für ein Bier zahlen können. Es soll als Pilotprojekt für einen ökologischen Umbau stehen. Aus der Klimagerechtigkeitsperspektive ist das essentiell: Nach Schätzungen der »Architects for Future« würde ein Abriss der Druckerei und der Bau des geplanten neuen Gebäudes bei etwa 1.200 Tonnen CO2-Emissionen liegen. Das alte leerstehende Gebäude aber steckt bereits voller »grauer Energie«; jede Menge Ressourcen flossen hinein. Ein Abriss wäre absurd.
Bei Verhandlungen am Mittwoch appellierte das Präsidium der Goethe-Universität, aktuelle Nutzerin des Gebäudes, an die Gruppe, das Gelände freiwillig zu räumen. Werden Sie das machen?
Zunächst: Drei Akteure haben mit uns verhandelt. Das Gebäude gehört dem Land Hessen. Das Erbpachtrecht hat das Max-Planck-Institut, das es abreißen will. Das aktuelle Nutzungsrecht hat die Goethe-Uni, deren Archiv dort untergebracht ist. Und nein, wir werden gemeinsam für den Erhalt des Gebäudes kämpfen, dem Druck zur Verdrängung aus dem Stadtteil nicht nachgeben. Mit auf unserer Seite am Tisch saßen ein Vertreter der Initiative Dondorf-Druckerei, die sich seit 2006 wegen des historischen Werts für den Erhalt einsetzt, und ein Architekt, der die klimapolitische Irrationalität von Neubau herausstellte. Das Präsidium der Universität hat uns nicht wegen Hausfriedensbruchs angezeigt. Je länger die Besetzung geht, desto schwieriger ist es, uns herauszubekommen. Wir arbeiten daran, mittel- und langfristige Strukturen aufzubauen. Jeden Tag kommen mehr Menschen und beteiligen sich am Projekt.
Es gab bereits rechte Attacken gegen die Besetzerinnen und Besetzer. Was war da los?
Einige Männer drohten mit einem Teppichmesser und versuchten, über die Mauer hineinzugelangen. Einer hatte eine Tätowierung, die man der rechten Szene zuordnen kann. Sie zogen ab, weil viele Leute von uns kamen. Wir sind nun wachsam, machen aber nicht dicht. Nachts schließen wir das Tor ab; es gibt Sicherheitsstrukturen und Telefonketten. Wir verstehen uns aber als offenes kulturelles Zentrum im Stadtteil, wollen begeistern, bei uns mitzumachen. Ab elf Uhr kann jeder zu uns kommen und sich beteiligen. Täglich bringen uns Menschen Spenden; wir sind dabei, einen Umsonstladen aufzubauen.
Was haben Sie langfristig vor?
Dieses große fünfstöckige Gebäude soll als soziokulturelles öffentliches Zentrum für alle zur Verfügung stehen. Es soll Künstlerateliers enthalten. In Frankfurt sind die Mieten so unendlich teuer, dass es keine Räume für kollektives Wirken gibt. Jugendliche und Menschen bis ins Rentenalter kommen zu uns. Fachschaften der Uni und Anwohnerinnen solidarisieren sich. Wir erhalten viele Anfragen. Die Zivilgesellschaft will den kulturellen Freiraum erhalten.