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Am 18.11.2023 findet in Eisenach die antifaschistische Demo „IHR KRIEGT UNS NICHT KLEIN“ statt. Gegen Eisenacher Zustände, rechte Hegemonie, staatliche Repression gegen Antifaschist:innen: Kommt alle.

Eisenacher Zustände

Eisenach ist eine mittelgroße Stadt mit 40 000 Einwohnenden am westlichen Rand Thüringens. Nicht fernab liegen westdeutsche Städte wie Bad Hersfeld, aus denen motivierte Neonazis nach Eisenach gezogen sind und ziehen, um ihre sogenannte national befreite Zone dort zu errichten und die schon seit langer Zeit fest etablierten Neonazistrukturen zu unterstützen. Eisenach gilt schon seit Dekaden als Hochburg rechter Gewalt. Die Rechten vor Ort bemühen sich, dieses Image aufrecht zu erhalten. Schon in den 90er-Jahren hat der Neonazi Patrick Wieschke – noch heute aktiv und mit Leon Ringl und co. vernetzt – einen Sprengstoffanschlag auf einen Dönerimbiss verübt. Durch die Verbindung zu Ringl und dessen Kameraden veröffentlichte Wieschke 2019 schon am Tag nach einem Angriff auf Ringl die Namen von Personen, die im Kontext dazu verhaftet wurden, auf Facebook. Hiermit begann die Jagd auf die Gefährt:innen im Antifa Ost-Prozess in den verschiedenen Neonazinetzwerken.

Leon Ringl selbst ist gut vernetzt mit Neonazis bundesweit, nahm an Kampfsportveranstaltungen und Demonstrationen teil und versuchte vor allem lokal einen Angstraum für all jene zu errichten, die nicht in das Weltbild seiner Kameraden passten. In Eisenach ist rechte und rassistische Gewalt an der Tagesordnung und diese reißt auch nicht mit der Verhaftung Ringls ab. Die rechte Hegemonie in der Stadt bleibt bestehen. Das „Flieder Volkshaus“, NPD-Zentrale und regelmäßiger Austragungsort von Neonazikonzerten, ist gut besucht von Menschen, die neben Reichskriegsflaggen auch gerne mal Shirts mit der Aufschrift „Ringl raus – Lina rein“ tragen, oder sich offen mit dem NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben solidarisieren, immerhin war Eisenach der Ort der Selbstenttarnung des NSU, worauf sich die Neonazis vor Ort positiv zu beziehen wissen.

Die Kampfsportgruppe „Knockout 51“ rund um Leon Ringl trat offensiv auf. Jetzt sorgt der Nachwuchs für Propaganda und Gewalt in der Stadt. Nach einer kurzen Atempause nach den Angriffen auf Ringl und seine Kneipe „Bull’s Eye“ mehren sich erneut Überfälle auf nicht rechte Personen und Einrichtungen. Das altbewährte Klima kehrt zurück und die „national befreite Zone“ wird verteidigt. Eisenach ist nicht Erfurt oder Jena, es gibt kaum Räume und sichere Wege für Antifaschist:innen und eine lokale Bewegung, die unterstützt werden muss – gerade weil die rechte Hegemonie nicht damit zu brechen ist, dass ein Kader in Untersuchungshaft sitzt.

Eisenacher Neonazis im Antifa Ost-Verfahren

Eisenach, Leon Ringl und das „Bull’s Eye“ haben eine ausschlaggebende Rolle im Prozess gegen die Beschuldigten im Antifa Ost-Verfahren am Oberlandesgericht Dresden gespielt. Vier Antifaschst:innen, darunter zwei, die nach einem Angriff auf Ringl im Dezember 2019 festgenommen wurden, wurden dort verhandelt und schließlich verurteilt. Auch der Angriff im Oktober desselben Jahres auf Leon Ringls Kneipe „Bull’s Eye“ wurde dort angeklagt. Im Zuge des Prozesses sagten alle sogenannten Geschädigten beider Angriffe aus und wurden zu Aussagen gezwungen, um Tatmotivationen und Belastungstendenzen zu verstehen. Die Oberstaatsanwältin der Bundesanwaltschaft, Alexandra Geilhorn, war zu diesem Zeitpunkt schon in Kenntnis über ein Verfahren gegen Leon Ringl und „Knockout 51“. Für die Bundesanwaltschaft ein Genuss, die erzwungenen Aussagen der Zeugen kurz darauf für einen Haftbefehl nutzen zu können. Die Aussagen der Neonazis wurden vom Bundesgerichtshof als Begründung angeführt, mehrere sogenannte Mitglieder der Kampfsportgruppe zu durchsuchen und zu verhaften.

Während des gesamten Prozesses in Dresden versuchte der vorsitzende Richter Schlüter-Staats zu betonen, dass in einer ach so wunderbaren Demokratie wie der deutschen Selbstjustiz nicht nötig und deswegen zu verurteilen sei. Er selbst hat in der Vergangenheit rechte Gruppen zu hohen Strafen verurteilt und sah sich daher befugt, dies ebenso mit linken zu tun. Dass der Staat in Eisenach nicht eingegriffen hat und erst aufgrund des Verfahrens in Dresden unter öffentlichem Druck stand, die Geschehnisse vor Ort zu beachten, war kein Thema.

Die Verhaftungen und das Verfahren gegen „Knockout 51“ dienen allein der Bekräftigung der Hufeisentheorie und dem staatlichen Versuch, das Antlitz der „guten Mitte“ zu wahren. Auch wenn sie einige Kader in den Knast stecken, wird dies nicht dauerhaft etwas an den Zuständen in Eisenach ändern – und das ist auch nicht ihr Ziel. Die Thüringer Politiker:innen setzen sich stattdessen in einem Untersuchungsausschuss „Politische Gewalt“ zusammen und verhören jemanden wie den Vergewaltiger und Verräter Johannes Domhöver als Spezialisten für sogenannten Linksextremismus. Damit nicht genug laden sie am selben Tag Hans Georg Maaßen, den ehemaligen Verfassungsschutzchef, um zu begründen, warum die AfD keineswegs schlimm und extremistisch sei.

Der Extremismusbegriff dient dabei nur dazu, sich als sogenannte Mitte von angeblichen Rändern abzugrenzen und sich als demokratischer darzustellen. Jede Partei dreht sich die erworbenen Kenntnisse und den Sinn des Ausschusses für sich hin, wie sie es brauchen. Neonazis in Thüringen sind ein Problem, aber andere sagen dasselbe über den Kampf gegen eben diese. Innerhalb des Ausschusses werden Unmengen an Daten geteilt und unter Verschluss gehalten, jedoch gespeichert und lang verfügbar sein. Wir sehen, dass der Wind sich dreht und wie gefährlich es ist, derartige Datensammlungen in den Händen der CDU, AfD und co. zu wissen.

Repression in Thüringen

Die Stimmung im Bundesland ist für alle Menschen spürbar, die sich antifaschistisch organisieren und betätigen. In den letzten Jahren hat es mehrere Hausdurchsuchungswellen gegeben, denen umfangreiche Ausspähungen vorangegangen sind und die mit massiver Gewalt umgesetzt wurden. Nicht nur Wohngemeinschaften wurden gestürmt, auch umfangreiche Beschlagnahmungen und starker Druck auf das vermeintliche soziale, politische und familiäre Umfeld wurden ausgeübt. All dies ging einher mit einer medialen Hetzjagd und Öffentlichkeitsfahndungen sowohl von der Bildzeitung als auch von Neonazis. Schließlich sind auch die Bullen dazu übergegangen, riesige Fahndungsplakate bundesweit aufzuhängen und die Stimmung damit anzuheizen, indem sie von Terrorismus schwadronieren und Vergleiche zur RAF ziehen.

Auf nach Eisenach, Suhl und Jena

All das motiviert uns noch mehr, uns politisch zu organisieren. Unmittelbar eine Woche vor der Demonstration in Eisenach wird in Suhl der 32. antifaschistische und antirassistische Ratschlag Thüringen veranstaltet. Wie jedes Jahr, ein Ort, an dem Vernetzung, Austausch und Diskussion stattfindet. Aus dem Aufruf des Ratschlags zeigt sich, wie vielschichtig die politische Lage in Thüringen ist und sich im kommenden Jahr erneut zuspitzen wird: ratschlag-thueringen.de. Traditionell finden die zwei Veranstaltungstage um den 9. November herum statt, die Reichspogromnacht, in der sich antisemitische Hetze und Gewalt entlud. Kommt zum Mahngang am 10. November 2023, 17 Uhr am Bahnhof! Am Folgetag geht es mit dem üblichen Programm ab 10 Uhr weiter: Veranstaltungsort ist das Gewerkschaftshaus am Platz der deutschen Einheit 4.

 Zudem findet seit September diesen Jahres am Oberlandesgericht in Jena der Prozess gegen Leon Ringl, Maximilian Andreas, Bastian Adam und Eric Krempler statt (rechercheportaljenashk.noblogs.org). Der Vorwurf ist auch hier die Bildung bzw. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach §129. Bei der Vereinigung soll es sich um die Kampfsportgruppe Knockout 51 aus Eisenach handeln. Bei den Prozessterminen kommen regelmäßig überregional Neonazis angereist, um ihre Kameraden zu unterstützen. Es ist wichtig, auch hier eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und den Prozess kritisch zu beobachten. Prozessberichte zum Nachlesen und weitere Prozesstermine: prozessdoku-thueringen.de

 Gemeinsame Anreisen nach Eisenach am 18.11.2023 finden von verschiedenen Orten statt. Haltet auch nach Busanreisen von auswärts Ausschau.

Bildet Bezugsgruppen für die gemeinsame Anreise mit dem Zug nach Eisenach. Updates und Kontaktmöglichkeiten findet ihr unter: esa1811.so36.net

 Solidarität mit den Betroffenen rechter Gewalt und staatlicher Repression – Antifaschismus ist und bleibt notwendig! 

Solidaritätskoordination Thüringen