Wir versuchen hier einige Debattenbeiträge, Analysen und Aktionen rund um den Nahost Konflikt zu sammeln. Die Schnelllebigkeit des Internet, wie auch die schlechte Eigenschaft der Linken heutzutage immer weniger Materialien öffentlich zugänglich zu machen (lediglich für seine eigene Blase auf social media), macht es uns schwer den Verlauf von Demonstrationen oder Aktionen zu dokumentieren und über die letzten Wochen hier ausführlich dazulegen. Insbesondere bei der Thematik Nahost sind viele Konflikte verschiedener Natur vorprogrammiert, deren Verlauf wir gerne dokumentieren würden. In der aktuellen Situation ist es uns nicht möglich gewesen frühzeitig Stellung zu beziehen. Wir konnten einfach keine inhaltliche Diskussion führen. Und manchmal saß uns alles als Schock auch zu sehr in den Knochen. Hier findet ihr nun eine kleine Sammlung um die Debatten weiter verfolgen zu können und euch eine breitere, informierte Meinung bilden zu können. Wir freuen uns über ergänzende Beiträge und Zusendungen. Manches haben wir jedoch lediglich zur Dokumentation der Menschenverachtung veröffentlicht, anderes finden wir tatsächlich erhellend.

HintergrundInformationen und Analysen:

Ich sehe was was du nicht siehst: von Floris Biskamp. Warum sich zwei gegensätzliche Perpektiven entwickeln. Eine Empfehlung der Redaktion, insbesondere an alle die immer glauben nur sie haben Recht!

Ziel dieses Artikels ist es nicht, die konkrete Kontroverse zu analysieren,
sondern ihre diskursive Grundlage zu rekonstruieren. Anders formuliert geht
es um die Fragen, warum es immer wieder zu Konflikten zwischen Anti-
semitismuskritik und Rassismuskritik kommt und warum diese Konflikte
insbesondere dann aufbrechen, wenn es um Israel bzw. den Nahostkonflikt
geht. Dafür skizziere ich zunächst Antisemitismuskritik und postkoloniale
Rassismuskritik als zwei verschiedene herrschaftskritische Projekte.
Daraufhin vergleiche ich ihre jeweiligen (Miss-)Verständnisse der Begriffe
Antisemitismus und Rassismus, um abschließend darzulegen, wie
damit fast zwangsläufig gegensätzliche Perspektiven auf den Nahen Osten
einhergehen.

Geplatze Blase von Yehuda Shaul auf medico international 4 Quartal 23.

Das schreckliche Massaker, das die Hamas im Süden Israels verübt hat, hat jede:n, wirklich jede:n Israeli schockiert. Fast jede:r hier kennt jemanden, der oder die ermordet, verwundet oder entführt wurde. Wenn nicht, dann kennt man Menschen, deren Familienangehörige betroffen sind. Wenn eine Gesellschaft solch ein Trauma durchlebt, kann sie auf zwei Arten damit umgehen: Sie kann das Loch im Herzen entweder mit Wut und Rachedurst füllen oder mit Menschlichkeit und Mitgefühl. Traurigerweise trägt die Mehrheit in Israel heute Wut und Rachedurst im Herzen. Dies spiegelt sich im sehr problematischen Diskurs der extremen Hetze durch Personen des öffentlichen Lebens und durch führende Politiker:innen wider.

Stellungnahmen und Debatten:

Kalschnikov und Olivenzweig: Aus der Perspektive einer revolutionärer Palestinaunterstützung (18.10)

Ich bin, seit ich politisch denken kann, ein pro-palästinensisch eingestellter Linker und werde das bis zur Befreiung Palästinas auch bleiben. Dennoch befremdet mich, wie derzeit im pro-palästinensischen linken Lager mit der militärischen Aktion vom 7. Oktober 2023 unter der Führung der Hamas, dem Al-Aqsa-Sturm, umgegangen wird.

Für ein Ende der Gewalt. Ein Einwurf der IL Frankfurt, Ende November 23. Eine Empfehlung der Redaktion!

Zu sagen, was ist, scheint selbst einigen unserer Freund:innen und Genoss:innen schwer zu fallen. Zu groß sind die Fliehkräfte der Polarisierung, zu abscheulich sind die begangenen Verbrechen der Hamas, zu gewaltsam das militärische Vorgehen der israelischen Regierung, zu groß die Angst, etwas Falsches zu sagen. Als Linke sollten wir dem vorherrschenden Positionierungsdruck widerstehen und uns einem Bekenntniszwang entziehen, dem es nur um die eigene „Wahrheit“, nicht aber um Verständnis geht. Wir wollen und können uns auf keine andere Seite stellen, als die der Menschen, die unter dem Terror, den Raketen und der Besatzung leiden, die ihre Liebsten verlieren und um ihr eigenes Leben fürchten, deren Stimmen im Kriegsgetöse untergehen, die sich der Kriegslogik entziehen und die trotz des religiösen und nationalistischen Taumels nicht aufhören, ihre Kämpfe von unten zu führen.

Einige Gedanken zum Ausbruch aus dem größten Gefängniss der Welt. Ehemals anarchistische Rigaer 94 Anfang November 23

Antwort auf „einige Gedanken“ aus der R 94 14.11.23

Kürzlich veröffentlichten die Genoss:innen der Rigaer94 ein Statement zu den „Geschehnissen in Gaza“, anscheinend, weil sie „von Vielen von der Notwendigkeit“ gehört haben, sich zu äußern. Und das ist auch gut verständlich. Denn schließlich suchen viele, wenn drastische Veränderungen eintreten, nach Orientierung von vermeintlichen oder gewünschten Autoritäten. (…) Herausgekommen ist allerdings nicht viel, beziehungsweise besser gesagt: viel wirres Zeug

Things have to change – Zur Aufgabe einer progressiven Linken nach dem 07. Oktober Eklat Münster 09.11.2023

Wir stehen weiterhin dazu: Der effektive Kampf gegen Antisemitismus gehört zu den Standards linker Politik und muss auf seine spezifische Weise geführt werden. Die akute Notlage Israels in dieser unvollkommenen Welt muss dabei stets mitbedacht werden. Die Lösung kann nicht einfach auf die befreite Gesellschaft vertagt werden. Das bedeutet, dass Israel ein antifaschistisches Anliegen bleibt und innerhalb der gegebenen Verhältnisse notwendig ist. In einer Welt, in der es Antisemitismus gibt und die sich weiterhin als Welt von Staaten und Nationen strukturiert, ist ein Staat, in dem garantiert wird, dass Jüdinnen*Juden nicht von der Gunst anderer abhängig sind und sich selbstverteidigen können, die einzige Garantie für den Notfall. Denn Antisemitismus kann in seiner wahnhaften Funktionsweise immer und überall auftauchen und zuschlagen und hat immer einen eliminatorischen Fluchtpunkt, der die Auslöschung jüdischen Lebens zum notwendigen Schritt für das Ende allen Übels imaginiert.

Den Horror in Gaza beenden. Medico International am 10.11.23

Warum die No Border-Bewegung zu Palästina nicht schweigen kann.

Natürlich darf man „Free palistine“ rufen. Ronen Steinke im Deutschlandfunk via frankfurter-Info.de

Das Gebrüll der zum Schweigen gebrachten. Jungle World 16.11.23

Als Reaktion auf die »fürchterlichen Ereignisse des 7. Oktobers« sagte die BPB das für den 8. bis 10. Dezember geplante Symposium ab. Dies geschah auch aufgrund der fehlenden Distanzierung einiger Teilnehmer von der Hamas, so die BPB. Gemeint war unter anderem der Kurator Edwin Nasr, der am 8. Oktober auf Instagram eine Bildcollage teilte, auf der fliehende Partybesucher des Wüsten-Raves »Supernova« zu sehen waren, die sich vor der Hamas zu retten versuchten. Darüber prangte der Schriftzug »Poetic Justice«, ausgleichende Gerechtigkeit.

Demoabsage in Eisenach: Wir laufen nicht mit Antisemit:Innen 18.11.23

Wir selbst haben unterschiedliche Positionen in der innerlinken Debatte um den Nahostkonflikt und das Vorgehen des israelischen Militärs, aber untrennbar verbindet uns die antifaschistische Gewissheit: Wir demonstrieren nicht mit Antisemit*innen – dass gilt heute, dass galt aber auch schon vor den Massakern vom 7. Oktober und der an sie anschließenden globalen Welle von antisemitischen Anfeindungen und Gewalt.

Die Arroganz der Großstadtszene: Zur Absage in Eisenach

Fragmentarisches zu antisemitischem Terror, Krieg und den Reaktionen 14.12.23

Linke Positionen, die sich glaubhaft von Islamismus abgrenzen oder Solidarität mit Jüd*innen bekunden, sind die Minderheit und sehen sich illegitimerweise pauschalen Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Dadurch wird Antisemitismuskritik abgewehrt und das Problem eines linken Antisemitismus ignoriert. Auf diese Art und Weise werden Antisemitismus und Rassismus gegeneinander ausgespielt.

Übersetzte Stellungnahmen

aus dem französischsprachigem Raum via Bonustracks

Die Überlkeit von Noor Or 9.10.23

Die Kriegslogik der Hamas von Ivan Segré 9.10.23

Wir trauern um die Opfer der Massaker in Israel und Palästina – Revolutionäre Juden und Jüdinnen (Frankreich) 12.10.23

“DIE ERDE IN BE’ERI UND IN GAZA BEBT AUF DIE GLEICHE WEISE” Eine Überlebende berichtet.

Über die Gewalt in einem Zeitalter der Katastrophe von pablojimenezc (aus dem castelano)

Brief eines linken französischen Juden an alle, die es hören wollen 30.10.23

IN DER DYSTOPIE: DAS TRENNENDE TEILEN 20.11.23

Es ist von größter Wichtigkeit zu verstehen, dass man nicht gegen Rassismus kämpfen kann, indem man Rassismus an den Tag legt. Dass man dem Imperialismus nicht mit einem imperialistischen Projekt entgegentreten kann. Man kann sich nicht über den Prozess der Entmenschlichung einer Gruppe empören, indem man ihn auf eine andere Gruppe überträgt. Es ist entscheidend zu verstehen, dass der Supremacism weder eine Nationalität noch Grenzen kennt und dass er in all seinen Formen vernichtet werden muss. (…) Eine Ungerechtigkeit kann nicht durch eine andere wiedergutgemacht werden

Rechtsruck im Schafspelz von Mario Neumann in medico

Die Auseinandersetzung zu den Massakern der Hamas und um den Krieg in Gaza sind in dieser Hinsicht die jüngste und vielleicht auch die größte Augenwischerei der letzten Jahre.(…) „Wesensmerkmal projektiven Denkens ist, das in uns steckende Böse auf eine Außen stehende Gestalt zu projizieren, so dass diese zum Inbegriff des Bösen wird, während wir selbst dabei vollkommen gut und rein sind. Dieser Projektionsmechanismus ist in der Regel im Krieg wirksam“(…)

Aufrufe:

Nie wieder ist jetzt 9.11.23

Nie wieder ist jetzt. Römerbergbündnis am 17.11.23

Für einen linken Konsens – GEGEN JEDEN ANTISEMITISMUS! 22.11.23

Doch sowohl global als auch in Deutschland und Frankfurt blieb die Solidarität von Links mit Jüdinnen und Israel größtenteils aus. Viele versuchten den Pogrom zu relativieren oder zu rechtfertigen und andere schwiegen, während manche Linke das Massaker offen als gelungenen Widerstand feierten. Und es dauert nicht lange, da waren die ersten Linken schon auf Demos Seite an Seite mit bekannten Antisemitinnen, erklärten Israel zum Hauptschuldigen oder gleich zum absolut Bösen, beschuldigten Israel eines Genozides und forderten die Vernichtung des jüdischen Staates – die Opfer des antisemitischen Pogroms vom 7. Oktober waren schnell vergessen, die Geiseln in den Händen der Hamas waren ihnen kein Wort wert.

Oktober/November: Diverse Aufrufe für einen gerechten Frieden. Leider nur in social media zugänglich

Es gab diverse weitere Demonstrationen, die wir, unabhängig von den jeweiligen inhaltlichen Ausrichtungen, auch einfach nicht dokumentieren können, da sich die Aufruftexte lediglich in sozialen Filterblasen bewegen. Wir freuen uns wenn ihr uns texte zukommen lasst, insbesondere würdne wir gerne die Entwicklung der Debatten dokumentieren. Und bei allen die uns ind er Vergangenheit Aufrufe haben zukommen lassen, die wir vor erscheinen diesen Artikels nicht veröffentlicht haben, entshculdigen wir uns. Wir wissen das ist ein politisches Versäumnis- unsere Kraft hat nicht gereicht – Wir sind stumm geblieben. In Anbetracht dessen, dass so viele schreien, haben wir versucht zuzuhören.