Ein Artikel der Hessenschau. Leider ohne konkrete Handlungs-Vorschläge. Diese finden sich unter der Rubrik Antifa und Direkte Aktion auf dieser Webseite
Die AfD-Jugend Junge Alternative wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Aber was heißt das in der Praxis? Wie gehen zum Beispiel hessische Fußballvereine oder die Freiwillige Feuerwehr damit um, wenn JA-Mitglieder bei ihnen aktiv sind?
Von Tobias Lübben
JA-Mann Dominik Asch stellt sich beim Politischen Aschermittwoch der AfD Rödermark vor die Gegendemonstranten. Bild © hr
Mitglied in der Jungen Alternative (JA) und in der Feuerwehr? Das geht aus Sicht von Norbert Fischer, Präsident des Landesfeuerwehrverbands Hessen, nicht zusammen. Der Grund für die Abgrenzung: Der Verfassungsschutz stuft die JA mit ihren bundesweit rund 2.000 Mitgliedern als gesichert rechtsextrem ein, denn sie wolle ethnisch „Fremde“ ausschließen. Das passt für Fischer nicht zu den Werten der Feuerwehr. Die lauten: „Toleranz, Respekt und Vielfalt“.
Wie man Rechtsextreme draußen hält, ist auch beim Hessischen Fußballverband gerade ein Thema. Auf seiner Internetseite gibt er Vereinen Tipps. Man könne jemandem die Mitgliedschaft verweigern, „wenn bekannt ist, dass diese Person einer rechtsextremen Gruppierung angehört“.
JA-Vorstand im Fußballverein
In der Praxis ist das aber offenbar nicht so einfach. Ein Beispiel dafür ist der FC 66 Büdesheim in Schöneck (Mainz-Kinzig). Dort ist Dominik Asch aktiv. Wie auf seinen Social-Media-Accounts zu sehen ist, steht er für den FC 66 als Linienrichter auf dem Platz. Das Besondere: Asch ist stellvertretender Vorsitzender der Jungen Alternative Hessen.
Für den FC 66 Büdesheim ist das aber offenbar kein Problem. Aschs JA-Engagement sei bekannt, bestätigt der FC-Vorsitzende Harald Horn dem hr. Asch verhalte sich aber gegenüber seinen Sportkameraden und den sportlichen Gegnern „jederzeit vorbildlich“. Der Verein sei politisch neutral, deshalb stünden JA-Tätigkeit und FC-Mitgliedschaft „in keinem Widerspruch“.
Auch Feuerwehr lässt JA-Mann mitmachen
Damit nicht genug. Der JA-Mann ist auch in der Freiwilligen Feuerwehr Schöneck, hat den Rang eines „Oberfeuerwehrmanns“. Auch da sieht man keinen Grund zu handeln. Auf hr-Anfrage hebt die Gemeinde Schöneck hervor, dass Asch sich stets „weltanschaulich neutral“ verhalte, sowohl in den Einsätzen als auch im geselligen Beisammensein. Deshalb gebe es keine Grundlage für einen Ausschluss.
Schönecks Bürgermeisterin Conny Rück (SPD) betont zwar, dass ein Fehlverhalten in Zusammenhang mit der Feuerwehr sofort geahndet würde. Was Asch aber außerhalb der Feuerwehr macht, darauf geht Rück nicht ein.
Jubel für „millionenfache Remigration“
Erst vor kurzem fiel Asch der Polizei auf. Beim Politischen Aschermittwoch der AfD Rödermark stellte sich der Kraftsport-Amateur in Bodybuilder-Pose vor die rund 1.000 Gegendemonstranten. Die Polizei wertete dies als Provokation und ermahnte Asch, wie ein Polizeisprecher erklärte. Das hält Asch aber nicht davon ab, sich mit Fotos seiner Aktion auf Social-Media-Kanälen zu brüsten.
In der Halle in Rödermark jubelten die JA-Mitglieder dem AfD-Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich zu, als dieser „millionenfache Remigration“ von Menschen forderte, die aus seiner Sicht nicht zum deutschen Staatsvolk gehören. Unter anderem wegen dieser Äußerung prüft die Staatsanwaltschaft Darmstadt den Anfangsverdacht der Volksverhetzung.
Wie Asch zu Helferichs Thesen steht, darauf hat der „nordische Hesse“ (Selbstbezeichnung auf Instagram) am Freitag nach längerem Zögern und nach Veröffentlichung dieses Berichts geantwortet. Remigration bedeute erst einmal, „dass abgelehnte Asylbewerber, nicht mehr geduldete sowie straffällig gewordene Ausländer in ihre Heimatländer abgeschoben bzw. außer Landes ausgewiesen werden müssen“. Asch behauptet, das sei geltendes Recht – was nicht stimmt, wenn Länder Flüchtlinge von dort nicht mehr aufnehmen.
JA-Mann: „Ich bin kein Extremist“
Dass Helferich von „millionenfacher Remigration“ gesprochen habe, wertet Asch als aschermittwochstypische „Zuspitzung der Begebenheiten“. Helferich wählte diese Formulierung allerdings auch schon bei anderen Anlässen.
Seine Bodybuilder-Pose in Rödermark will Asch als „eindrucksvolle Symbolik“ verstanden wissen. AfD und JA wollten sich „nicht unterkriegen lassen“ und „das mediale und gesellschaftliche Dauerfeuer überstehen“. Der stellvertretende JA-Landeschef sagte vor zehn Monaten in der hessenschau über sich: „Ich bin kein Extremist.“
Devise: Vorbildlich sein im „vorpolitischen Raum“
Pikant ist die Personalie Asch auch deshalb, weil er Vorträge darüber hält, wie die JA den „vorpolitischen Raum“ besetzen könne. Asch nennt es „Metapolitik“. In einem Podcast der JA Baden-Württemberg ruft er dazu auf, sich in Vereinen zu engagieren. Dort müsse man sich vorbildlich, pünktlich und zuverlässig zeigen. Dann könne man auch nicht ausgeschlossen werden.
Auf hr-Anfrage schrieb Asch nun, im Privaten äußere er sich grundsätzlich nicht zu Politik – es sei denn, jemand bitte ihn um seine Meinung zu politischen Themen. Wie er sich innerhalb seiner Vereine äußere, dazu gebe er keine Auskunft. Er habe sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Im Übrigen sei an seinem Heimatort „meine patriotische Einstellung schon zu Jugendzeiten jedem geläufig“ gewesen, so Asch.
Experte: Vereine vor Ort oft überfordert
Zumindest beim FC Büdesheim und der Feuerwehr Schöneck scheint Aschs Rechnung bisher aufzugehen. Das sei wenig verwunderlich, sagt Reiner Becker, Leiter des Demokratiezentrums Hessen an der Uni Marburg. Becker hat schon vor zehn Jahren Freiwillige Feuerwehren beraten, wie sie mit dem Thema umgehen können.
Gerade im ländlichen Raum falle es Vereinen oder Freiwilligen Feuerwehren schwer, Mitglieder auszuschließen, weil dort „die Beziehungsebene eine wesentlich größere Rolle spielt“. Man kenne sich seit Jahren, sei freundschaftlich verbunden. Was da helfen könne, seien klare Regeln in der Vereinssatzung oder eine Vorgabe vom Dachverband.