Berichte gefunden bei Hessenschau und Tagesschau
Im Rahmen des Verbots der rechtsextremen Zeitschrift Compact hat es auch in Hessen Hausdurchsuchungen gegeben. Betroffen waren die Räumlichkeiten eines Vereins im Kreis Waldeck-Frankenberg und ein Wohnhaus im Kreis Gießen.
Bei dem durchsuchten Objekt im Landkreis Gießen soll es sich nach Angaben des Hessischen Landeskriminalamtes (HLKA) um ein Haus mit zwei Wohnungen handeln, in dem ein 53-jähriger Mann und eine 56-jährige Frau leben. Die beiden sollen für Compact tätig sein. Im Kreis Waldeck-Frankenberg wurden Vereinsräumlichkeiten durchsucht.
„Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“
Das Bundesinnenministerium hatte am Dienstagmorgen das rechtsextremistische Compact-Magazin und ihre Teilorganisation Conspect Film GmbH verboten und Durchsuchungen in Hessen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt angeordnet. In Hessen waren dabei nach Angaben des Innenministeriums in Wiesbaden 31 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begründet das Verbot damit, dass Compact ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ sei. Ziel der Razzien sei die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und Beweismitteln, hieß es in einer Mitteilung. Der Verfassungsschutz bewerten das Medium seit Ende 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“.
Poseck begrüßt Verbot
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) begrüßte in einer ersten Stellungnahme das Verbot. Bei der Compact-Magazin GmbH handele es sich „um einen Verein, der sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ richte, so Poseck.
„Unser Rechtsstaat hat heute ein klares Signal gegen Rechtsextremismus, Demokratie- und Menschenfeindlichkeit gesetzt“, teilte der Innenminister mit. Mit dem Verbot der Vereinigung werde ein Nährboden für rechtsextremistisches Gedankengut erstickt.
„Die durch die Vereinigung offen rassistisch, antisemitisch, fremden- und verfassungsfeindlichen Äußerungen dürfen wir nicht zulassen. Sie sind ein fundamentaler Verstoß gegen unsere Werteordnung“, erklärte Poseck.
Das Bundesinnenministerium hat das rechtsextremistische Compact-Magazin des Publizisten Elsässer wegen menschenverachtender Hetze verboten. Damit verschwindet das reichweitenstärkste Organ der Neuen Rechten.
Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen Beamte die Geschäftsräume von Compact in Falkensee und Werder bei Berlin und Potsdam. Auch die Wohnräume von Chefredakteur Jürgen Elsässer und seiner Frau sowie von weiteren Compact-Beschäftigten werden nach Beweismitteln durchsucht. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X angezeigt werden.
Rechtsgrundlage für das Verbot ist das Vereinsrecht, wonach auch Unternehmen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, vom Bundesinnenministerium verboten werden können. Begründet wird das Verbot mithilfe einer umfangreichen Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz, an der auch der brandenburgische Verfassungsschutz beteiligt war.
Sowohl das Bundesamt als auch der Landesverfassungsschutz beobachten Compact seit Jahren und bewerten das Medium seit Ende 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“.
Große Reichweite
Compact bestand aus einem Magazin, das monatlich erscheint, nebst Sonderheften, einem Online-Auftritt und einer täglichen Sendung namens „Compact Der Tag“, die von Montag bis Freitag produziert wurde. Das Heft hatte nach eigenen Angaben eine Auflage von 40.000 Exemplaren.
Die tägliche Sendung, die auch auf dem YouTube-Kanal von Compact zu sehen war, verfügte über eine erhebliche Reichweite: Bis zu 100.000 Klicks erreichten Videos von „Compact Der Tag“ auf YouTube, einzelne Dokuformate sogar bis zu eine Million.
Chefredakteur und prägende Figur an der Spitze von Compact ist Jürgen Elsässer. In den einzelnen Formaten wurden sowohl aktuelle Themen aufgegriffen als auch eigene Themen gesetzt. Durchweg wurden Hass und Hetze verbreitet, insbesondere gegen muslimische Migrantinnen und Migranten, aber auch gegen die Bundesregierung, die „Altparteien“ und nach journalistischen Kriterien arbeitende Medien, die als „Systempresse“ oder „Lügenpresse“ diffamiert wurden.
Entscheidend für das Verbot ist, dass Compact nach Bewertung des Bundesinnenministeriums gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Menschenwürde verstößt und dabei „aggressiv-kämpferisch“ auftritt.
Nach Belegen dafür muss man in der Tat nicht lange suchen: Compact sprach von sich selbst als „Widerstand“, seit der Pandemie wurde das politische System als Corona- oder Impf-„Diktatur“ diffamiert. In einer Sendung zur Vogelgrippe hieß es kürzlich, „neuer Impfterror“ sei im Anmarsch, während der Corona-Pandemie seien die Menschen „zwangsgeimpft“ worden.
Chefredakteur Elsässer erging sich in den vergangenen Jahren wiederholt in Umsturzforderungen: „Wir wollen einfach das Regime stürzen“, im Unterschied zu anderen Medien sei dies das Ziel von Compact. Am 3. Oktober 2023 fabulierte er auf einer Veranstaltung in Gera, im Osten einen „eigenen Staat namens DDR“ wieder aufzurichten: „Wir haben doch einen Reichskanzler in Gestalt von Björn Höcke“. Um die Souveränität gegen Polen zu verteidigen, könne man gemischte „deutsch-russische Bataillone“ an der Grenze stationieren.
Eng verzahnt mit der Neuen Rechten
Dabei wird deutlich, dass Elsässer nicht nur auf rechtsextremistische Inhalte wie das Narrativ vom „großen Bevölkerungsaustausch“ setzt, dem ganze Sonderhefte gewidmet wurden, sondern auch auf Verschwörungsmythen und Reichsbürgerideologien.
Elsässer tritt regelmäßig bei rechtsextremistischen Veranstaltungen wie „Pegida“ oder „Zukunft Heimat“ auf, ist eng verzahnt mit der „Identitären Bewegung“ und ihren führenden Köpfen wie dem Österreicher Martin Sellner, der bei Compact wiederholt eine Plattform bekam. Gemeinsam mit dem Verleger und Vordenker der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, gründete Elsässer die rechtsextremistische Aktivistenplattform „Ein Prozent“.
Verhältnis zur AfD
Akteure der AfD bekamen regelmäßig eine Plattform bei Compact, allen voran der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke. Das Verhältnis ist eine klassische Win-win-Situation: Die AfD erzielte mit Hilfe von Compact Reichweite und konnte ihre Inhalte unwidersprochen verbreiten, Compact konnte im Gegenzug insbesondere in seiner werktäglichen Sendung mit Hilfe von AfD-Mandats- und Funktionsträgern den Eindruck vermitteln, politisch „ganz nah dran“ zu sein.
Von journalistischen Kriterien keine Spur. In der Januar-Ausgabe des Compact-Magazins im Jahr 2018 brachte Elsässer es auf diese Formel:
Alle zusammen in großer Einheit: Pegida, IB, AfD, Ein Prozent, Compact! Fünf Finger, alle kann man einzeln brechen, aber alle zusammen sind eine Faust!
Blaue Welle
Mit seiner Veranstaltungsreihe namens „Blaue Welle“ wollte Elsässer die AfD im Europawahlkampf und bei den Kommunal- und Landtagswahlen in diesem Jahr unterstützen. Compact organisierte die Veranstaltungen mit Bühne, Bierbänken und Technik, AfD-Politiker sollten als Gäste auftreten, ganz im Sinne des üblichen Geschäftsmodells zum beiderseitigen Vorteil.
Doch die AfD-Bundesspitze ging auf Distanz: zu groß war die Sorge, der Partei könnte versteckte Wahlkampffinanzierung vorgeworfen werden. Elsässer musste zusagen, keine Wahlwerbung für die AfD zu machen.
Mit dem heutigen Tag setzt das Bundesinnenministerium Compact und seiner Agitation ein Ende. Das Bundesinnenministerium beabsichtigt mit dem Verbot, dass sämtliche Formate ab sofort nicht mehr produziert werden dürfen, die Internetseite abgeschaltet und das Vermögen konfisziert wird. Auch die Inhalte auf dem YouTube-Kanal müssen entfernt werden. Compact kann gegen das Verbot klagen.