Gefunden bei der Hessenschau
Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner ist bekannt für rassistische und völkische Positionen und seinen „Masterplan Remigration“. Ein für Ende Juli in Marburg geplanter Auftritt sorgt jetzt für Wirbel in der Stadt.
Der österreichische rechtsextremistische Aktivist und Autor Martin Sellner plant eine Lesereise mit mehreren Auftritten in Deutschland. Wie er in den sozialen Medien bekanntgab, will er am 29. Juli auch in Marburg Station machen und sein Buch „Remigration: Ein Vorschlag“ vorstellen.
Die Universitätsstadt Marburg will das dringend verhindern. Wie die Stadt am Freitag bekannt gab, wolle man sich dafür einsetzen, dass Sellner nicht nach Deutschland einreisen darf.
Stadt Marburg: Gefahr für Demokratie
Die Stadtverordnetenversammlung fasste am Freitag einen Beschluss, dem alle Parlamentsmitglieder mit Ausnahme des AfD-Vertreters zustimmten. Darin heißt es: „Die Universitätsstadt Marburg missbilligt mit allem Nachdruck, dass Martin Sellner in Marburg Thesen zur Vertreibung eines Teils unserer Einwohner*innen propagieren will.“
Die Stadt erachte Sellners „menschenfeindlichen Thesen“ als eine „Gefahr für unser Gemeinwesen sowie für die Demokratie und Verfassung in unserem Land“, heißt es weiter.
Einreiseverbot gilt derzeit nicht
Mehrere Staaten haben ein Einreiseverbot gegen Sellner verhängt, darunter die USA und Großbritannien. Im März 2024 erhielt er nach einem Entscheid der Stadt Potsdam auch ein Einreiseverbot nach Deutschland.
Im April gab das Verwaltungsgericht Potsdam allerdings einem Eilantrag Sellners statt und setzte den Vollzug des Einreiseverbots aus. Einer der Gründe: Eine schwere Gefährdung der Sicherheit sei von der Stadt Potsdam nicht hinreichend belegt worden.
Veranstaltungsort noch unbekannt
Abgesehen von einem möglichen Einreiseverbot hat die Stadt Marburg kaum Handlungsspielraum, den Auftritt Sellners vor Ort zu verhindern, da er aller Voraussicht nach in Privaträumen stattfinden wird.
Der genaue Veranstaltungsort ist bisher nicht bekannt. Nach hr-Informationen geht man in der Marburger Stadtpolitik derzeit aber davon aus, dass es sich wohl um Räumlichkeiten einer Burschenschaft handelt.
Sellners „Masterplan Remigration“
Der Aktivist und Autor Martin Sellner gilt als einer der Hauptakteure und Stratege der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“. Im November hatte er außerdem in Potsdam seinen „Masterplan zur Remigration“ präsentiert. An dem Geheimtreffen hatten neben CDU- und AfD-Politikern bekannte Rechtsextreme teilgenommen.
Eine Recherche des Medienhauses Correctiv hatte die dort vorgestellten Thesen Sellners öffentlich bekannt gemacht. Demnach sollen drei Gruppen Deutschland verlassen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und „nicht assimilierte“ deutsche Staatsbürger.
Buch erschien im März
Sellner vertat laut Correctiv auch die Idee eines „Musterstaats“ oder einer „Musterstadt“ in Nordafrika, wohin man bis zu zwei Millionen Menschen „hinbewegen“ könne. Die Flüchtlingshelfer könnten ihnen dorthin folgen.
In seinem im März erschienen Buch führt er die Pläne nun weiter aus und rechnet beispielsweise vor: Es bräuchte nur 86 Boeing-Flüge, um den Großteil aller Afghaninnen und Afghanen aus Deutschland zu bringen. Bis 2040 würden dann nur noch „rund 2.500 nichtassimilierte Afghanen in Deutschland leben“.
Burschenschaft Germania: Bühne für Rechtsextremisten
In Marburg steht besonders die Burschenschaft Germania seit Jahren in Verbindung mit der „Neuen Rechten“ und der „Identitären Bewegung“. 2018 und 2019 fanden beispielsweise Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Burschenschaft statt, bei denen bekannte Akteure auftraten. Dabei trat beispielsweise Alain de Benoist auf, der als Vordenker der „Neuen Rechten“ gilt.
Bekanntes Mitglied der Burschenschaft ist außerdem Philip Stein. Er hat Führungsrollen beim „Jungeuropa“-Verlag und beim „Oikos Verlag“ inne, die Bücher rechtsextremer Autoren und das Magazin „Die Kehre“ publizieren. Auch Texte Sellners sind darunter.
Zudem ist Stein Vorsitzender des vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Vereins „Ein Prozent“. Dabei handelt es sich nach eigenen Angaben um „Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk“.
Auf hr-Anfrage teilte die Burschenschaft Germania mit, sie sei in die Organisation der Veranstaltung mit Sellner in Marburg nicht involviert.