Für den 29. Juli 2024 kündigte der neofaschistische Aktivist Martin Sellner eine Buchlesung in Marburg an. Sowohl im Vorfeld als auch am Tag des Vortrags regte sich dagegen vielfältiger Protest. Durch diese antifaschistischen Mobilisierungen war Sellner schon früh gezwungen, seine Lesung ins Marburger Umland zu verlegen. Den Vortragsgästen wurde zunächst nur der Marburger Messeplatz als Treffpunkt kommunziert. Letztlich referierte Sellner vor knapp 50 Personen in einem Ladenlokal im Reschny-Haus in Gladenbach (Landkreis Marburg-Biedenkopf). Nach Bekanntwerden der Adresse bildete sich dort ebenfalls spontaner Gegenprotest.
Für die Organisation der Veranstaltung zeigte sich der langjährige Neonazi und ehemalige Gladenbacher Manuel Mann verantwortlich. Zu den Vortragsgästen zählten unter anderem die AktivistInnen der Identitären Bewegung (IB) Carolina Mehrkens und Johannes Poensgen. Auch die Junge Alternative (JA) war mindestens mit dem Burschenschafter Tobias Diehl aus Bad Nauheim vertreten, welcher auch organisatorische Aufgaben übernahm. Der rechte Streamer Sebastian Weber alias »Weichreite« übertrug den Vortrag live ins Netz. Paul Klemm vom verbotenen Compact-Magazin besuchte die Veranstaltung ebenfalls und reiste am Ende zusammen mit Sellner ab.
Insgesamt wirkte die Szenerie sehr improvisiert: Die Fenster des Ladenlokals wurden notdürftig mit Tischdecken verhängt, nach Beendigung des Vortrags reisten die Gäste zügig und zum Teil vermummt ab, mit stroboskopischem Licht wurde versucht, die Arbeit von Journalist*innen zu verhindern und Sellner selbst verließ den Veranstaltungsort hektisch. Einen spontanen Redebeitrag Sellners mittels eines Megafons auf der Straße vor dem Ladenlokal verhinderte die eingreifende Polizei.
All das will nicht zu der üblichen Selbst-Inszenierung Sellners passen, die auf Hochglanzbilder und maximale Provokation ausgerichtet ist. Für den neofaschistischen Aktivisten kann die Veranstaltung kaum als Erfolg verbucht werden.
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