Auch in Frankfurt/Main ...

7. Oktober 06: Transnationaler Aktionstag gegen Migrationskontrolle mit Informationsstand, Installation und Strassentheater

Beginn um 9:00 Uhr vor dem Haupteingang zur (Buch)Messe

"... für das Recht aller Menschen, sich frei in der Welt bewegen zu können und ihr Schicksal selbst zu bestimmen." (Aufruf von Bamako/Mali zu Migration beim polyzentrischen Weltsozialforum, Januar 2006)

Auf dem letzten Europäischen Sozialforum in Athen im Mai beschlossen, steckt schon in der Terminierung des mittlerweile dritten transnationalen Aktionstages auf den 7. Oktober eine klare inhaltliche Ausrichtung: Bezug zu nehmen auf den Jahrestag der eskalierten Ereignisse beim Sturm auf die Grenzzäune von Ceuta und Melilla im letzten Jahr.

Osteuropäische AktivistInnen werden am 7.10. in Warschau vor der Frontex-Behörde (siehe Kasten) protestieren, parallel findet im mauretanischen Nouakchott eine Pressekonferenz gegen die Illegalisierung der Migration statt. Zeitgleich werden in voraussichtlich über 50 Städten, von Athen bis London, von Hamburg bis Malaga, Menschen auf größeren und kleineren Demonstrationen gegen das europäische Migrationsregime auf die Straße gehen. Vor dem Hintergrund der "Externalisierung", der zunehmenden Auslagerung der Grenz- und Lagerpolitik nach Süden, scheint eine europäisch-afrikanische Zusammenarbeit von unten verstärkt in Gang zu kommen. Proteste sollen im Oktober nicht nur in Mauretanien, sondern auch in Marokko, Tunesien und Benin stattfinden.

"Der Aktionstag wird sich gegen die Aberkennung von Rechten, gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen und gegen alle Einwanderungskontrollen richten, und klare Forderungen im Kontext von Bewegungsfreiheit und Bleiberecht stellen." Und als erstes wird hierbei im internationalen Aufruf "eine bedingungslose europäische Legalisierung und gleiche Rechte für alle MigrantInnen" benannt.

Anders als in vielen anderen europäischen Ländern lehnen deutsche Politiker bislang jede Legalisierung von Menschen ohne Papieren ab. Allenfalls sogenannte Altfallregelungen werden debattiert, und aktuell geht es um das Schicksal der ca. 200.000 geduldeten Flüchtlinge.

Sofortiger Abschiebestopp in Hessen und überall! Viele dieser oft "langjährig Geduldeten" Flüchtlinge stehen unter akuter Abschiebeandrohung. Immer mehr Politiker sehen zwar endlich ein, dass eine Bleiberechtsregelung notwendig ist, und nach langer Verzögerung soll diese nun im November auf der nächsten Innenministerkonferenz in Nürnberg beschlossen werden. Doch in der Zwischenzeit werden Betroffene, wie unlängst Serif Akbulut aus Schlüchtern, noch mit allen Mitteln abgeschoben, um sich "solcher schwierigen Fälle" noch vor der erwarteten Regelung zu entledigen. Die Innenminister müssen diese Abschiebungen sofort aussetzen, wenn sie ernsthaft -und wie in Hessen Volker Bouffier öffentlich verkündet- eine Bleiberechtsregelung anstreben.

Bleiberecht für alle geduldeten Flüchtlinge!

Die erwartete Regelung kann nur dann ein erster Schritt in Richtung einer menschlicheren Zuwanderungs- und Integrationspolitik sein, wenn sie nicht erneut den größten Teil der "Geduldeten" ausschließt. Die meisten Betroffenen unterliegen einem Arbeitsverbot, viele sind krank oder traumatisiert: dennoch soll das eigenständige Erwerbseinkommen zur Bedingung gemacht werden. Aus Angst vor Verfolgung oder Perspektivlosigkeit im Herkunftsland haben viele geduldete Flüchtlinge Petitionen eingelegt oder sonstwie ihre Abschiebung "herausgezögert". Wegen "mangelnder Mitwirkungspflicht" sollen diese Menschen ebenfalls von einer Regelung ausgeschlossen werden, wenn es nach Meinung der Hardliner in den Innenministerien geht. Statt solcher Ausschlußkriterien bedarf es einer Bleiberechtsregelung, die diesen Namen auch verdient, und die sich am Schicksal der Menschen orientiert. Der Aktionstag in Frankfurt wird also zwei Forderungen in den Mittelpunkt stellen: Bewegungsfreiheit und Bleiberecht! Die deutsche Regierung und ihre Innenminister zeichnen sich in beiderlei Hinsicht und sowohl national wie international als Scharf- und Schrittmacher aus: sie forcieren die Migrationskontrollen außerhalb der EU, sie haben Frontex maßgeblich vorangetrieben. Sie stehen für restriktivste Kriterien beim Bleiberecht und lehnen jegliche Legalisierungen, wie sie in anderen europäischen Ländern immer wieder erlassen werden, grundsätzlich ab. Doppelter Anlaß also, am 7. Oktober die internationale Bühne der Buchmesse zu nutzen, auf der die afrikanischen Bootsflüchtlinge sogar offizielles Veranstaltungsthema sein werden. Kommt und beteiligt Euch beim Protest!

Außerdem:

Am Abend zuvor, 6. Oktober, ab 19 Uhr Solidaritätskonzert für Bleiberecht von Jugendliche Ohne Grenzen (JOG) im KOZ an der Uni in Frankfurt, u.a. mit Platinum Playaz, Ohne-Fronten-Crew, Tim Ahmed u. Band, DJ Jerry, und Special Guests.

Hintergrund-Information: Was ist Frontex?

Seit Sommer letzten Jahres hat die Militarisierung der europäischen Migrationspolitik einen neuen ausdrucksvollen Namen: Frontex. "Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" lautet die wohlklingendere deutsche Übersetzung der in Warschau befindlichen Behörde. Seit August 2006 koordiniert sie erstmals eine EU-Eingreiftruppe vor den Küsten Westafrikas, EU-Patrouillen per Schiff und Flugzeug, um die spanische Marine bei der Abwehr afrikanischer Bootsflüchtlinge zu unterstützen. Doch offensichtlich noch ohne großen Erfolg: Täglich landen neue Boote auf den Kanarischen Inseln an, die z.T. über 1.200km entfernt von Mauretanien oder Senegal aus gestartet sind. Aber in den letzten Monaten sind dabei Hunderte von Menschen ums Leben gekommen. Sie riskieren diese neue, im Vergleich zur Straße von Gibraltar noch gefährlichere Route, weil Marokko oder gar die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla nach den migrationspolitischen Verschärfungen im letzten Herbst kaum mehr erreichbar sind. Und die Frontex-Operation soll jetzt wiederum dazu beitragen, die verlagerten Fluchtwege zu zerschlagen. Der Krieg gegen die Flüchtlinge und MigrantInnen, den in erster Linie die europäischen Regierungen zu verantworten haben und schon tausende von Menschenleben gefordert hat, geht damit in die nächste Runde.

Weitere Informationen:

www.aktivgegenabschiebung.de
www.imk2006.de
www.noborder.org

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