Nachlass Adolf Moritz Steinschneider

Der Text stammt vom Fritz-Bauer-Institut

Adolf Moritz Steinschneider, geboren am 20. Juni 1894 in Berlin, war Enkel des Judaisten Moritz Steinschneider. Er war Jude. Er studierte in Berlin und München Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. 1918 wurde er wegen seiner Beteiligung am Spartakusaufstand zu einem Jahr Haft verurteilt. Ab 1926 war er Rechtsanwalt in Frankfurt am Main und verteidigte in politischen Prozessen zahlreiche Linke. Er war Mitbegründer der Roten Hilfe und der deutschen Liga für Menschenrechte. Im Februar 1933 emigrierte er zusammen mit seinen Brüdern Gustav und Karl. Am nächsten Tag zertrümmerten Hitleranhänger seine Kanzlei. In der Schweiz lebte er zeitweilig bei Serge Turel, dem Bruder seines Freundes Adrien Turel. Die Schweiz wies A.M. Steinschneider 1935 während einer Reise nach Paris aus. Er blieb in Frankreich.

Während seiner Emigration schrieb und erhielt er viele Hundert Briefe, die zusammen mit publizistischen und amtlichen Zeugnissen der Exilsituation den Kern des Steinschneider-Nachlasses ausmachen. Diese fast lückenlos erhaltene Korrespondenz zwischen 1933 und 1944 und einige Aufsatz- und Buchmanuskripte schildern die persönliche und politische Situation der Steinschneiders und der deutschen Emigranten vor allem in Paris. Korrespondenzpartner waren u.a. seine Brüder Gustav und Karl in Palästina. Gustav Steinschneider gehörte in den zwanziger Jahren zur berliner literarischen Boheme. Adolf Steinschneider hatte mit Eva Reichwein eine Tochter Marie Louise. Eva Reichwein folgte Adolf Steinschneider 1938 mit ihrer Tochter nach Paris. 1942 heirateten die beiden.

1939 wurden Steinschneider, Reichwein und das Kind aus Paris ausgewiesen. Adolf Steinschneider schrieb einen ausführlichen Bericht über seine Flucht, der wohl, wie viele andere Briefe und Manuskripte, als Skizze für eine spätere Veröffentlichung gedacht war und ebenfalls Teil des Nachlasses ist. Steinschneider wurde 1939 in Vichy-Frankreich interniert und 1944 von der SS ermordet. Auch Unterlagen zum Prozess gegen seine Mörder gehören zu dem Nachlass.

Eva Steinschneider, geb. am 11. August 1899 in Hamburg, studierte Jura, bis sie von den Nationalsozialisten von der Universität suspendiert wurde. Sie war in erster Ehe mit dem Pädagogen Adolf Reichwein verheiratet, der zum Widerstandskreis des Hitler-Attentates am 20. Juli 1944 gehörte. Nach Ende des zweiten Weltkriegs kehrte sie nach Frankfurt am Main zurück und wurde die erste Frankfurter Stadtverordnete der KPD. Sie war Mitbegründerin und Herausgeberin der „Arbeiterstimme“. Sie starb 1968 in Frankfurt am Main.

Peter Grumbacher, geb. 1921 in Mannheim, war Jude. Er ging nach Paris, um Malerei zu studieren. Er wurde im selben Lager wie Adolf Steinschneider interniert. Er wurde nach Polen deportiert, wo sich seine Spur verliert. Von ihm sind etwa 200 Briefe an seine Freundin Marie Louise Steinschneider und zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen gerettet. Sie sind teilweise in Privatbesitz und teilweise im Jüdischen Museum in Berlin.

Das Archiv ist eine wichtige Quelle für die Erforschung der hier skizzierten Zusammenhänge.

Der Verein „Adolf Moritz Steinschneider Archiv. e.V." (AMSTA) wurde 1999 in Frankfurt am Main gegründet. Sein Zweck ist die „wissenschaftliche Pflege, Erforschung und Veröffentlichung der Nachlässe Adolf Moritz Steinschneiders und seiner Familie“. Der Steinschneider-Nachlass befindet sich im Exilarchiv der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main. Der Verein bietet Lesungen an.

Im Anschluss an diese Verlegung der Stolpersteine findet am Freitag dem 15. Oktober eine Lesung aus dem Nachlass von Adolf Moritz Steinschneider durch Peter Heusch statt.

Um 19:30 Uhr im AWO-Zentrum, Eckenheimer Landstr. 93

AMSTA e.V. in Zusammenarbeit mit:
Strafverteidiger Vereinigung Hessen, Bürgerinitiative Nordend, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Arbeiterwohlfahrt Nordend